Bund und Länder verbieten dieses Jahr erneut den Verkauf von Feuerwerkskörpern, um vor allem Krankenhäuser zu entlasten. Das bringe nichts, im Gegenteil, sagt ein Feuerwerkshändler aus Degerloch.

Degerloch - Das zweite Jahr in Folge gilt in Deutschland zu Silvester ein Verkaufsverbot von Feuerwerkskörpern. Das haben Bund und Länder Anfang Dezember beschlossen. Damit sollen vor allem Krankenhäuser vor Überlastungen geschützt werden – unter anderem, indem man Verletzungen beim Abbrennen von Feuerwerk in der Silvesternacht verhindert. Aber auch Senioren, Bewohnern von Pflegeheimen und Tieren möchte man den Krach ersparen.

 

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Dass es trotzdem zu schlimmen Verletzungen und ohrenbetäubendem Lärm kommen wird, da ist sich Christof Gohl sicher. Der 50-Jährige führt einen Fachhandel für Feuerwerkskörper in Stuttgart-Degerloch und ist seit 25 Jahren bekennender Pyrotechniker. Er ist der Meinung, dass die Maßnahmen der Bundesregierung gerade absolut kontraproduktiv seien. „Diejenigen, die wirklich ernsthaftes Interesse an einem ausgiebigen Feuerwerk haben, holen sich gerade jetzt in den Nachbarländern wie Tschechien, der Schweiz oder Luxemburg ihre Ware“, sagt er.

Erst recht schlimme Verletzungen?

Er habe auch schon mitbekommen, dass sich ganze Fahrgemeinschaften organisieren und in die angrenzenden Staaten gereist seien, um sich das Glück vom feurigen Himmelskonfetti zu erfüllen. Aber auch online über die sozialen Medien könne man die sogenannten Polen-Böller oder Kanonenschläge mühelos erwerben, deren Explosionen einen schier bis ins Mark treffen. „Das ist dann meistens als Knaller getarnter Industriesprengstoff, der in Deutschland gegen das Gesetz verstößt“, sagt Gohl. Damit würde man sich, bei unsachgemäßen Gebrauch, erst recht schlimme Verletzungen zuziehen.

Doch die Menschen in Deutschland lieben ihr Feuerwerk zu Silvester. In den vergangenen Jahren haben sie dafür bundesweit zwischen 80 und 140 Millionen Euro ausgegeben. Nach Bekanntgabe des ersten Verkaufsverbots waren es schließlich nur noch 20 Millionen. Diese Umsatzeinbußen treffen Händler wie Christof Gohl schwer, „während befreundete Kollegen im Ausland gerade das Geschäft ihres Lebens machen“. Zwar seien für betroffene Unternehmen Kompensation im Rahmen der geplanten Wirtschaftshilfen vorgesehen, doch davon würde das meiste an die großen Zulieferer gehen. Zugegebenermaßen darf Christof Gohl noch Feuerwerk der Klasse 1, also kleine Vulkane oder Knallfrösche, verkaufen, aber das sei nur bedingt gefragt. „Im Prinzip habe ich seit zwei Jahren keine nennenswerten Einkünfte mehr und habe einen Verlust von guten 90 Prozent“, berichtet er.

Knallfrösche darf der Degerlocher noch verkaufen

Wie es für ihn und viele andere Händler in Deutschland in Zukunft nun weitergehen soll, daran möchte er zurzeit nicht denken, denn „das sind wirklich keine schönen Gedanken“. Denn seinen Beruf einfach so aufgeben und umsatteln – dafür macht ihn Christof Gohl viel zu gerne, ist früher quer durch Europa gefahren und hat sich die Ware zeigen lassen, um sich ein eigenes Sortiment aufzubauen, das er guten Gewissens weiterverkaufen kann. „Feuerwerk gehört auch einfach nicht in den Discounter oder in den Baumarkt. Man braucht jemanden, der einen berät, damit man weiß, wie man mit Raketen und Co. umgeht.“ Er wisse auch um den Lärm, dem mittlerweile viele Menschen nichts mehr abgewinnen können, aber auch hier gebe es schon Feuerwerkskörper, die nicht so einen Krach machen würden. „Für mich ist Feuerwerk ein Kunsthandwerk, es hat was mit Emotionen zu tun und gehört zu Silvester dazu.“