Die grün-rote Landesregierung gibt den Kommunen viele Millionen für die Kinderbetreuung. Doch manches Geld versickert im Haushalt. Die Gewerkschaft Verdi verlangt eine klare Zweckbindung.

Stuttgart - Bei der Finanzierung der Kinderbetreuung haben sich Grüne und SPD seit 2011 nicht lumpen lassen, erkennt die Gewerkschaft Verdi ohne Umschweife an. Doch eine Umfrage unter den Kindertagesstätten im Land offenbare die Notwendigkeit von Nachbesserungen.

 

Die Leiterinnen von 7485 Kitas hat Verdi angeschrieben, 1103 füllten den Fragebogen aus. Das ist eine Rücklaufquote von 14,7 Prozent – Dagmar Schorsch-Brandt, die stellvertretende Verdi-Landesleiterin, ist damit zufrieden. Baden-Württemberg hat es durch die Milliardeninvestition in die frühkindliche Bildung vom Schlusslicht an die Spitze geschafft, wie unlängst das Ländermonitoring der Bertelsmann-Stiftung ergab.

Der Südwesten weist inzwischen den besten Personalschlüssel aller Länder auf. Auf diese Feststellung legt das Kultusministerium besonderen Wert. So kommen in Baden-Württemberg auf eine Fachkraft im Durchschnitt 3,1 Krippenkinder oder 7,7 Kindergartenkinder. „Dieses hohe Niveau wollen wir halten“, betont Marion von Wartenberg (SPD), jetzt Staatssekretärin im Kultusministerium, bis 2013 stellvertretende DGB-Vorsitzende im Südwesten.

Mehr Qualität und doppelte Ausgaben

Ihren einstigen Gewerkschaftskollegen, geht von Wartenbergs Anspruch nicht weit genug. Dagmar Schorsch-Brandt wünscht sich zum Auftakt der heißen Phase des Landtagswahlkampfs, „dass die neue Landesregierung noch mehr Anstrengungen unternimmt und noch mehr Geld in die Hand nimmt, damit die Erhöhung der qualitativen Standards weiter voranschreitet.“ Auf Zahlen mag sich Verdi nicht so recht festlegen, doch eine Verdoppelung der Ausgaben und noch einmal ein Drittel mehr Personal wären schon notwendig, wenn die Zahl der Ganztagseinrichtungen steigen und alle Forderungen erfüllt werden sollten, schätzt Schorsch-Brandt.

Die Umfrage ergab, dass der Personalschlüssel in 24 Prozent der Fälle nicht erfüllt werde. Auch stehe er häufig nur auf dem Papier, da Erzieherinnen im Mutterschutz auch angerechnet würden.

Das Land veranschlagt nach Darstellung des Kultusministerium in diesem Jahr 795 Millionen Euro für die Kleinkindbetreuung, 2015 waren es 660 Millionen Euro. Innerhalb einer Legislaturperiode seien die Ausgaben verfünffacht worden, betont das Ministerium.

Verdi bemängelt aber, dass das Geld nicht zweckgebunden an die Kommunen überwiesen werde. Schorsch-Brandt macht unter den kleineren Gemeinden „einige Schlawiner“ aus, die das Geld teilweise in den allgemeinen Verwaltungshaushalt umleiteten – vielleicht auch wieder besseres Wissen, das stellt sie gar nicht in Abrede.

Eindeutige Vorschriften und klare Vorgaben, dass das Geld für Qualitätsverbesserungen verwendet werden müsse, könnten laut Verdi Abhilfe schaffen.

Mehr Zeit für Leitungsaufgaben

Die Gewerkschaft fordert außerdem, dass die Leiterinnen für ihre Führungstätigkeiten frei gestellt werden, zu viele würden ihre Leitungsaufgaben in der Freizeit erledigen. Manches, wie die Anleitung der Teilnehmerinnen der praxisintegrierten Ausbildung (Pia), werde gar nicht berücksichtigt. Das will Verdi geändert haben.

Die Stellvertretungen müssten förmlich ernannt werden, häufig handle es sich um Abwesenheitsvertretungen, die nicht entsprechend vergütet würden, kritisiert die Funktionärin. Auch jede Fachkraft sollte ein Viertel ihrer Arbeitszeit für Elternarbeit, Dokumentation und ähnlichem abseits der pädagogischen Arbeit mit den Kindern verwenden können.

Verdi ist zuversichtlich, dass sich das notwendige Personal findet. Derzeit bewege man sich noch in der Übergangsphase, in der nicht alle Stellen besetzt werden könnten, doch es kämen neue Kräfte hinzu. „Der Beruf wird attraktiver“, sagt Nancy Hehl von Verdi. Die bezahlte dreijährige Ausbildung Pia trage dazu bei, ebenso die Akademisierung. Allerdings werde nicht jeder Bachelor besser bezahlt als eine Erzieherin, warnt Schorsch-Brandt.

Das Deutsche Jugendinstitut meldet, dass 2014 die Zahl der Bachelorabsolventen in der Kindheitspädagogik um 23 Prozent höher lag als 2013. Doch der Ausbau der Studiengänge stagniere. Nicht einmal ein Prozent der Kita-Beschäftigten seien Kindheitspädagogen. Die meisten der fünf Prozent akademischer Fachkräfte seien Erziehungswissenschaftler oder Sozialpädagogen.