Am 1. Mai startet die Stadt ein neues Fahrradausleih-Konzept. Stuttgarter sollen mehr aufs Rad umsteigen. Sorgenkind ist der Standort am Hedelfinger Platz. Nur 155 Mal wurde dort ein Fahrrad ausgeliehen.

Hedelfingen - Teilen sei das neue Besitzen, warb Ralf Maier-Geißer vom Referat Nachhaltige Mobilität in der Bezirksbeiratssitzung für das Bike-Sharing-Konzept der Stadtverwaltung. Ab Mai soll das Radausleihsystem „RegioRad“ starten. Betrieben wird es von der Bahntochter DB Connect. Es wird das bestehende Call-a-Bike-System mit den roten Rädern mit dem DB-Abzeichen in den Stadtbezirken ergänzen und mittelfristig ersetzen. Regionweit soll es dann nur noch ein Ausleih-System geben, was Fahrten über die Stadtgrenze, beispielsweise von und nach Esslingen, möglich macht.

 

„Die Fahrräder erhalten ein neues Design und werden künftig in Mobilitätsblau erstrahlen“, schwärmte Maier-Geißer. Gestartet wird am 1. Mai mit rund 700 Fahrrädern. Vom 1. Oktober an sollen noch 300 Pedelecs das Angebot erweitern. Es wird einen einheitlichen Tarif geben. Polygocard-Inhaber, also VVS-Abonnenten, werden einen vergünstigten Kombi-Tarif erhalten. Das Bonbon: Während der Einführungsphase von 1. Mai bis zum Jahresende werden die Nutzer die ersten 30 Minuten nicht bezahlen müssen. In Stuttgart sind 75 Ausleihstationen geplant. „Zu den bestehenden werden neue hinzukommen“, versprach Maier-Geißer.

Die bestehende Fahrradstation am Hedelfinger Platz sei allerdings Maier-Geißers Sorgenkind. Der Standort ist untergenutzt. Gegenüber der Endhaltestelle der Stadtbahnlinien U 9 und U 13 stehen mehr als ein Dutzend silber-rote Fahrräder. Dort gibt es auch ein Terminal. Noch. „Allerdings wurden dort pro Jahr nur 155 Fahrräder ausgeliehen. Dagegen wurden 289 Fahrräder dort wieder abgestellt“, berichtete Maier-Geißer. Im Vergleich dazu: An den Hauptausleihstationen vor dem Stuttgarter Rathaus, dem Marienplatz oder am Hauptbahnhof sind die Ausleihzahlen in einem mittleren fünfstelligen Bereich. Er werde sich nochmals die genauen Daten der Hedelfinger Ausleihstation anschauen, „aber wir werden uns überlegen müssen, den Standort zu verkleinern. Eventuell richten wir dort auch nur eine virtuelle Station ohne Terminal ein“, so Maier-Geißer.

Zum Start im Mai wird es mit einem neuen Standort in Rohracker nichts

Die Hedelfinger Bezirksbeiräte waren über die geringen Nutzerzahlen nicht verwundert. Mehrfach hatten sie eine Verkleinerung und Umnutzung der Stellfläche gefordert. Sie haben aber auch eine Erklärung für das Ausleihverhalten. „Die Station am Hedelfinger Platz ist die letzte Abstellmöglichkeit im Stadtgebiet. Wer von dort nach Rohracker, nach Lederberg oder zu einem anderen Punkt im Bezirk radeln will, kann das Fahrrad dort nicht abstellen“, erklärte CDU-Bezirksbeirat Mario Graunke. Deswegen schlug Karin Kaiser (Freie Wähler) eine oder sogar zwei Abstellmöglichkeiten in Rohracker vor. „Noch idealer wäre es, wenn dort dann auch Pedelecs angeboten werden, da Rohracker im Tal liegt und es viel Kraft kostet den Berg hoch zum Frauenkopf oder auch nach Sillenbuch zu radeln.“ Grünen-Bezirksbeirat Eberhard Schweizer pflichtete dem bei: „Der Standort macht bisher keinen Sinn. Wer von Hedelfingen nach Wangen, Stuttgart-Ost oder Obertürkheim fahren will, nutzt die dort bereit stehenden Stadtbahnen oder Busse.“ Maier-Geißer nahm die Anregungen auf. Zum Start im Mai werde es mit einem neuen Standort in Rohracker oder auch auf dem Lederberg jedoch nichts. „Aber ich kann mir gut vorstellen, dass ich im Herbst, nachdem wir erste Erfahrungen gesammelt haben, nochmals auf den Gemeinderat zukommen und um einen Nachschlag mit zusätzlichen Standorten bitten werde. Rohracker wäre dafür ein Kandidat.“

Auch die Variante, mithilfe der Pedelecs zur Stelle oder nach Sillenbuch zu fahren, leuchtet ihm ein. Der Rad-Ausleihprofi hat jedoch die Krux erkannt. Bergabwärts werde das Pedelec stehen gelassen, weil die elektrogetriebenen Fahrräder kostenpflichtig sind. Sparsame Stuttgarter steigen dann auf das rein muskelbetriebene Fahrrad um, weil die ersten 30 Minuten kostenlos sind.