Am Dienstag berät der Gemeinderat über die Popup-Radspur in Kaltental. Sie soll die Überholverbotsschilder ersetzen. Nun liegen erstmals Daten vor, was die Schilder nützen.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Seit Januar stehen an der Böblinger Straße in Stuttgart-Kaltental Verkehrsschilder, die Autos auf das Überholverbot hinweisen. Auf Streckenabschnitten mit bis zu 600 Metern Länge müssen sie hinter Radlern herfahren – bergan wie bergab. Etliche Schilder wurden geklaut und wieder aufgestellt, daraus entwickelte sich sogar eine kleine Ermittlungsposse. Wichtiger aber ist die Frage: Nützen die Schilder was?

 

Diese Woche sprach der Bezirksbeirat Süd darüber, kommenden Dienstag berät der Technikausschuss des Gemeinderats . Geplant ist, die Schilder durch eine eigene Radspur zu ersetzen. Die wäre aber vor allem dann notwendig, wenn trotz Verbotsschild weiterhin Radler überholt werden.

Das sagen die Daten

Erstmals liegen hierzu Daten vor. Gesammelt wurden sie von Nutzern des jüngst mit dem deutschen Fahrradpreis ausgezeichneten „Open Bike Sensor“. Neben tatsächlichen Überholvorgängen haben sie auch die gefahrene Strecke und Zeit gemessen. So lässt sich ermitteln, wie viele Überholvorgänge je gefahrenem Kilometer oder je gefahrener Minute stattfinden – sowohl vor als auch nach Aufstellen der Verbotsschilder. Das Ergebnis: Seitdem das Verbotsschild aufgestellt wurde, überholen Autofahrer seltener Radfahrer, vor allem bergan zwischen den Stadtbahnhaltestellen Waldeck und Kaltental.

Die Daten beruhen auf 270 Überholvorgängen bergan und 50 bergab, die von zufällig dort radelnden Nutzern des „Open Bike Sensor“ gemessen wurden. Es darf angenommen werden, dass jeder Überholvorgang erfasst wurde. Dennoch zeigen die Daten beispielsweise nicht, wie viele Radler gar nicht überholt wurden.

Braucht es die Radspur oder nicht?

Für eine Vor-Ort-Reportage hatte Berufspendler Martin Mücke Daten gezeigt, laut denen er in Kaltental noch jedes dritte Mal von hinter ihm fahrenden Autos überholt wurde. Reinhard Otter, der den Open Bike Sensor mitentwickelt hat, spricht ebenfalls von einer Verbesserung – „auf die Popup-Radspur kann man trotzdem nicht verzichten“, findet der Grünen-Bezirksbeirat.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Wer von der Popup-Radspur nichts hat – unsere Reportage aus Kaltental

Es sei „den Autofahrern nicht zuzumuten, hinter Radler herzutuckern“, zudem erlebten Radler Stresssituationen, wenn eine kleine Autokolonne hinter ihnen herrollt. Anwohner hielten auch in der Bezirksbeiratssitzung am Dienstag entgegen, dass die wegfallenden Parkplätze für sie eine erhebliche Einschränkung darstellten.

Dass bergan häufiger überholt wird, liegt an der geringen Geschwindigkeit der Radfahrer. Auch sie wird vom Open Bike Sensor ermittelt. Bergan waren die Radler bei den Überholvorgängen im Schnitt mit knapp 12 Stundenkilometern unterwegs, bergab mit etwa 30 km/h. Für die Engelboldstraße ist seit 14. Januar nur ein Überholvorgang aufgezeichnet worden – hier wirkt das Verbotsschild also offenbar deutlich besser als bei dem (längeren) Streckenabschnitt bergan, wo Autofahrer mit deutlich geringerer Geschwindigkeit hinter Radlern herfahren.