Trotz der Krise der Profi-Pedaleure sind Ehemalige wie Jan Ullrich weiterhin Zuschauermagnete. Beim Charity Bike Cup, der in diesem Jahr wieder in Heimerdingen stattfindet, ist das Team des Tour de France-Siegers immer am schnellsten ausgebucht.

Ditzingen/Leonberg - Jahrelang hat der ehemalige Radprofi Lance Armstrong abgestritten, jemals gedopt zu haben. Siebenmal hat er die Tour de France gewonnen – alle Titel wurden ihm mittlerweile aberkannt, nachdem die US-Anti Dopingagentur USADA den Amerikaner angeklagt hatte. Der Profi-Radsport steckt seit einigen Jahren in der Krise. Wir wollten wissen, ob und wie sich die Entwicklung auf lokale Veranstaltungen auswirken.

 

Für den ehemaligen Profiradsportler Heinz Betz ist und bleibt der Radsport „faszinierend in seiner Eleganz, Kraft, Naturverbundenheit und Willensstärke.“ Er selbst startete früher bei der Tour de Suisse, bei zahlreichen Sechstagerennen, war in den 80-er Jahren beim Giro d’Italia Helfer von Didi Thurau. Zum siebten Mal organisiert er mit seinem Team der Radsportakademie Bad Wildbad den Charity-Bike-Cup. Dieser findet am 3. Oktober, wie bereits vor zwei Jahren, wieder in Heimerdingen statt. Ehemalige und aktive Sportprofis – nicht nur Radler – sowie weitere Prominente nehmen an diesem Jedermann-Rennen teil oder führen eine Gruppe Radsportbegeisterter als Team-Kapitän an. Der Reinerlös kommt notleidenden Kindern in der Region zugute – in den vergangenen Jahren waren es weit über 30 000 Euro.

Zuschauermagnet beim Charity-Bike-Cup ist nach wie vor Jan Ullrich, obwohl er wegen Dopings verurteilt wurde – wie auch Alessandro Petacchi, Danilo Hondo oder Stefan Schumacher, die ebenfalls gerne als Teamkapitäne engagiert werden. „Sie haben ihre Strafe bekommen, und jeder hat ein Recht auf Resozialisierung, wenn er Fehler gemacht hat“, so Betz, „ich sehe, welche Begeisterung bei diesem Event da ist, sowohl bei den Teilnehmern als auch bei den Teamkapitänen. Die Prominenten fahren ohne Honorar, sie kommen, weil sie sich als Sportler für eine gute Sache einsetzen, deshalb sind sie für mich Vorbilder.“ Über mangelnde Bereitschaft, den Radsport zu unterstützen, kann er sich, obwohl sich die Profi-Szene derzeit in einer schweren Phase befindet, nicht beklagen. „Im Gegenteil, wir haben einen Zulauf an Sponsoren“, sagt er.

Guido Braun, persönlicher Referent von Ditzingens Oberbürgermeister Michael Makurath steht hinter dem Charity-Bike-Cup und freut sich, dass er alle zwei Jahre in Heimerdingen Station macht. „Der Radsport hat ein Problem, und wir müssen uns mit dem Thema Doping auseinander setzen. Im Falle des Charity-Cups sehe ich den guten Kern der Veranstaltung, die Sportler bringen sich positiv ein. Deshalb ist das für mich eine hochwertige Veranstaltung.“ Für Braun ist die aktuelle Debatte im Profi-Radsport eine gute Gelegenheit, die gesellschaftlichen Werte zu überprüfen. „Muss denn alles, sowohl im Sport als auch in der Berufswelt, unter einem enormen Leistungsdruck passieren?“ Hier seien doch alle gefordert, das Rad zurückzudrehen.

Eine klare Linie fahren die Verantwortlichen vom RV Pfeil Magstadt, die seit vielen Jahren das traditionelle Radcross-Rennen veranstalten. Mit dem „Fall Armstrong“ beschäftigt sich Udo Kollross, zweiter Vorsitzender und Jugendtrainer, nur am Rande. Vielmehr ist er mit der Basisarbeit im Verein beschäftigt. „Wenn ich bei uns einen erwische, fliegt er aus dem Verein.“ Zum Glück sei das noch nie vorgekommen. Kein Pardon gibt und gab es in der Vergangenheit, wenn der Verein die Fahrerverträge für das Radcross-Rennen „An den Buchen“ abschließt. „Wer eine Doping-Vergangenheit hat, wird nicht eingeladen“, so Kollross. So geschehen mit dem Tschechen Ondrej Lukes, Johannes Sickmüller (der bei einer Dopingkontrolle nicht erschienen war und für zwei Monate gesperrt wurde) oder dem Belgier Ben Berden. „Wenn jeder Veranstalter so verfahren würde, wüssten die Fahrer, dass sie keine Grundlage mehr hätten, ihre Sportart auszuüben“, sagt Kollross.

Jens Kavaliauskas ist Freizeitsportleiter beim Radfahrerverein Wanderer Merklingen und verantwortlich für die Organisation der jährlichen Radtourenfahrt an Fronleichnam, dieses Jahr am 30. Mai. Bei dieser reinen Breitensportveranstaltung spiele das Thema Doping keine Rolle. Die Teilnehmer kommen, weil sie gerne auf einer ausgewiesenen Strecke in der Natur radeln. „Wir haben viele Stammfahrer, die Punkte für ihre Wertungskarte sammeln“, sagt Kavaliauskas. Dafür brauche man keineswegs Doping.