Bei einer Diskussion zum Radverkehr stellten sich die Filder-Bürgermeisterinnen der Kritik von Zweiradfahrern. Diese wünschen sich eindeutige Bekenntnisse zum Radverkehr. Die Situation finden tatsächlich alle unbefriedigend.

Filder - Allzu viel Lob hatten Eva Noller, Susanne Schreiber und Monika Bader wohl gar nicht erwartet. Beim AGFK-Talk (Arbeitsgemeinschaft fahrrad- und fußgängerfreundlicher Kommunen) stellten sich die Bürgermeisterinnen aus L.-E., Filderstadt und Ostfildern den Fragen und der Kritik der Fahrradfahrer, und tatsächlich radelten die offene Türen ein. Alle drei Verwaltungsexpertinnen outeten sich als Zweiradfans, alle drei Kommunen sind AGFK-Mitglieder. Und dennoch: „Noch keiner von uns hat das Ei des Kolumbus gefunden“, stellte Susanne Schreiber aus Filderstadt klar. Überall hapert es. „In L.-E. findet man sich nicht zurecht“, bekannte etwa Bürgermeisterin Eva Noller, „die Beschilderung ist bescheiden“. Stetten sei aufgrund des Belags „super gefährlich“, fügte ihre Kollegin aus Filderstadt hinzu. Stellplätze fehlten überall und Radwege sowieso.

 

Radfahrer fühlen sich teilweise unerwünscht

Punktuelle Probleme wie unsinnige Ampelschaltungen am Airfield oder ein „dunkles Loch“ auf dem Schulweg zwischen Bonlanden und Sielmingen kamen aufs Tapet. Daueraufreger sind indes dreckige Feldwege, die sich Radler und Landwirte teilen. Ein Zuhörer sprach von einer „Katastrophe. Sobald es etwas feucht ist, können Sie es bleiben lassen. Es ist gefährlich“. Dabei wollen die Radler den Bauern gar nicht die Feldarbeit verbieten. „Wir haben hier lehmige Böden, die können nicht jedes Mal hinterherwischen“, sagte ein Mann. Vielmehr stößt vielen auf, dass die Trassen zwischen den Äckern überhaupt ausgewiesene Radelrouten sind. „Radwege sind keine landwirtschaftlichen Wege, das ist nicht ausreichend“, polterte einer. Und wenn schon, dann sollten die Kommunen sich Kehrmaschinen anschaffen und den Dreck selbst wegmachen, fand jemand.

Auf dem Feldweg ist es matschig, auf der Straße nach dem Empfinden vieler zu gefährlich. Dass Zweiräder teils auf Gehwege geleitet würden, sei auch Murks. Wohin also? „In der Praxis spürt man, dass Radfahrer eigentlich nirgends fahren sollen“, fand Monika Knopf aus dem Vorstand der ADFC-Ortsgruppe Fildern. Am liebsten hätten Radler daher exklusive Radwege – notfalls müssten dafür eben Parkplätze weichen. Diesen Zahn mussten die Bürgermeisterinnen den Zuhörern jedoch direkt ziehen. „Das schaffen wir nicht in unserer Flächenkonkurrenz, die wir auf den Fildern haben. Da würden wir viel zu viel zubetonieren müssen“, sagte Eva Noller. Auch Monika Bader, Bürgermeisterin in Ostfildern, sprach von einem „begrenzten Straßenprofil“. Baden-Württemberg sei ein Autoland, sagte Susanne Schreiber.

Die Autofahrerlobby ist groß

Viele fanden das halbherzig. „Bla, bla, bla“, tönte einer. Die Filder-Radler wünschen sich eindeutige Bekenntnisse. Auf Susanne Schreibers Hinweis, dass aktuell Stellplätze für Radboxen am Bahnhof Bernhausen gesucht würden und wie schwer das sei, hatten viele Zuhörer rasch eine Lösung parat: eine Ebene im dortigen Parkhaus räumen. „Wenn wir uns alle einig sind, müssen wir diesen Schritt gehen“, betonte eine Frau. Wollen ist aber auch nicht immer können. „Das Thema Radverkehr ist in L.-E. in der Politik nicht so verankert“, stellte etwa Eva Noller klar – tatsächlich musste sie jüngst wegen Kritik aus den Reihen des Gemeinderats eine Vorlage zu einer Radverkehrskonzeption zurückziehen. Die Autofahrerlobby sei groß. „Ich spüre Angst, wenn wir etwas für den Radverkehr tun wollen. Ich komme mir manchmal vor, als würde ich Autos fressen wollen.“

Zumindest eine gute Nachricht gab es: Die mangelhaften und unterschiedlich gestalteten Radrouten-Schilder im Kreis Esslingen werden vereinheitlicht. „Sie sollten eigentlich bald kommen“, sagte Monika Bader. Außerdem werden laut Eva Noller 2020 auf der Filderradrunde Durchmesserlinien, also geschickte Querverbindungen, kenntlich gemacht. Versöhnliches gab es auch von Anna Hussinger, der AGFK-Geschäftsstellenleiterin. In den vergangenen zehn Jahren habe sich die Situation für Radler deutlich verbessert. „Kein Bundesland macht so viel wie Baden-Württemberg.“