Eine seltsame weiße Masse in einem beschaulichen Gewässer und besorgte Bürger: In Markgröningen liefert die Kläranlage außer sauberem Wasser auch viel Gesprächsstoff. Obwohl es offenbar keinen Grund zur Sorge gibt, soll sich einiges ändern.

Region: Verena Mayer (ena)

Markgröningen - Die Polizei hat sich mit dem Phänomen befasst. Die Umweltbewacher im Landratsamt haben die Sache im Blick. Und dem Bürgermeister Rudolf Kürner lässt sie auch keine Ruhe. Fast keine Woche vergeht, in der bei dem Bürgermeister von Markgröningen (Kreis Ludwigsburg) nicht ein besorgter Bürger anruft, weil der kleine Bach, der durch das idyllische Leudelsbachtal fließt, schäumt.

 

Was hat die Kläranlage damit zu tun?

Teilweise zentimeterdick ist die Schicht, die auf dem Gewässer liegt und sich langsam voran schiebt. Und Schaum auf einem Gewässer bietet erst einmal einen Anlass zur Sorge. Man denke an die Schaumdecke auf dem Rhein bei Schaffhausen, der jahrzehntelang fast jeden Sommer die Bevölkerung beunruhigte. Vor allem, weil nicht klar war, was es damit auf sich hat. Auch der Schaum, der vor drei Jahren auf dem Neckar bei der Heidelberger Staustufe auftauchte, wirkte so bedrohlich, dass die Wasserschutzpolizei ausrücken musste. Sollte dies auch in Markgröningen nötig sein?

Das Leudelsbachtal ist schließlich nicht Idylle pur. Es ist auch der Standort der Kläranlage. Das Abwasser von rund 30 000 Menschen wird dort gereinigt – wenn alles gut geht. Wenn also nicht gerade ein Rohr defekt ist und das Abwasser ungefiltert abfließt (wie voriges Jahr in Warschau). Oder wenn nicht gerade auf rätselhafte Weise die Phosphorwerte ansteigen und die Kläranlage umzukippen droht (wie vor vier Jahren bei der Jagst). Oder wenn nicht gerade mal wieder zu viele Arzneimittelrückstände im geklärten Wasser festgestellt werden (wie immer wieder vielerorts).

„Extremfall“ Leudelsbach

Allerdings trifft keines dieser Katastrophenszenarien auf das Gruppenklärwerk Leudelsbach zu. „Kein Grund zur Sorge“, versichert sinngemäß der Bürgermeister Rudolf Kürner, der dem Zweckverband vorsitzt, der die Kläranlage betreibt. „Die Grenzwerte sind eingehalten“, garantiert das Landratsamt als zuständige Naturschutzbehörde. Und obgleich auch die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) keinen Anlass sieht, in Markgröningen aktiv zu werden, stuft sie das schäumende Bächlein als „Extremfall“ ein. Was allerdings mehr mit der Menge des Schaums zu tun hat, als mit einer eventuellen Bedrohung.

Dass es ihn überhaupt gibt, liegt an Tensiden. In Waschmaschinen lösen Tenside Fette und Schmutz. In Kläranlagen lösen sich diese Eigenschaften zwar auf – allerdings nicht komplett, weshalb ein ungefährlicher Rest abläuft und – zumindest im Leudelsbach – zu schäumen beginnt. Das tut er in diesem Fall deshalb so heftig, weil dem Abwasser beim Reinigungsprozess Metallsalze beigemischt werden, die wiederum Phosphor eliminieren sollen. Und weil das Wasser am Ende seiner Reinigung etwa zwei Meter in die Tiefe stürzt und sich dabei mit vielen Luftbläschen vermischt, schäumt es im kleinen Leudelsbach zeitweise besonders heftig.

Die Turbulenzen sollen sich legen

So war es seinerzeit übrigens auch am Rheinfall: Dort hatte sich der Flutende Hahnenfuß – eine Wasserpflanze – wie verrückt vermehrt. Die in ihm enthaltenen Saponine, Inhaltsstoffe mit schäumender Wirkung, kamen unter den tosenden Wassermassen besonders zur Geltung. Ähnlich war es auch beim Neckar in Heidelberg: Dort hatten sich Algen stark vermehrt – und einen bestimmten Stoff abgesondert. Unter den Walzen der Staustufe wurde er aufgewirbelt zu: Schaum.

Alles ganz natürlich, könnte man also sagen. Doch trotzdem sind die Tage des Waschküchenflairs im Leudelsbachtal wohl gezählt. Das Landratsamt Ludwigsburg nämlich tüftelt mit dem Zweckverband an einem Umbau, der die Schaumbildung vermindert. So soll etwa der Auslauf der Kläranlage strömungsgünstiger gestaltet werden, damit die Turbulenzen im Gewässer verringert werden.

Und damit auch endlich die Turbulenzen in der Bevölkerung.