30 000 Besucher in gut drei Monaten haben die „Räuber Hotzenplotz“-Ausstellung im Landesmuseum gesehen. Der Jubiläumsbesuch zeigte, weshalb die Ausstellung im Jungen Schloss so erfolgreich ist.

Lokales: Alexander Ikrat (aik)

Stuttgart - „Wer von euch kennt den Räuber Hotzenplotz?“, fragt Museumsführer Kai Nehmann in die Runde. „Ich hab das Theaterstück gesehen“, ruft eine Zweitklässlerin. „Ich hab gestern das ganze Buch gelesen“, sagt ihr Klassenkamerad, und Führer Nehmann kann’s kaum glauben. „Der Zwackelmann ist hässlich“, lautet die Antwort eines anderen Mädchens, das auf das Bild des Zauberers aus Otfried Preußlers Buch zeigt. „Ich hab mich heute extra rasiert, damit ihr mich nicht verwechselt“, pariert Museumsführer Nehmann schlagfertig.

 

Die Szene mit den 22 Zweitklässlern und zwei Lehrern der Wolfbuschschule in Weilimdorf zeigt, wie schnell die Kinder in die Mitmachausstellung zum 95. Geburtstag des 2013 gestorbenen Autors im Kinderbereich des Landesmuseums eintauchen. Sie sind auch gut vorbereitet: Klassenlehrerin Petra Gerstner hat im Unterricht schon aus Preußlers Buch vorgelesen und war mit der Klasse jüngst in der Aufführung des „Räuber Hotzenplotz“ in der Komödie im Marquardt. Einer der Weilimdorfer war am Dienstag der 30 000. Besucher der Ausstellung seit der Eröffnung am 20. Oktober. Jedes Kind bekommt ein Hotzenplotz-Rätselbuch, ein Plakat der Ausstellung, und alle haben an diesem Tag freien Eintritt.

Nicht mehr als 100 Besucher auf einmal

Museumssprecherin Heike Scholz nennt 30 000 Besucher in gut zwölf Wochen „eine wahnsinnig gute Zahl“. Nur die Ritter-Ausstellung „Leben auf der Burg“ von Oktober 2017 bis April 2018 sei besser angelaufen – aber die hat auch auf der rund 1000 Quadratmeter großen Fläche stattgefunden, auf der sonst die großen Landesausstellungen sind. „Dort können wir mehr Besucher auf einmal reinlassen“, erläutert Scholz’ Kollegin Ulrike Reimann. Damals kamen gut 98 000. Auf den knapp 400 Metern des Kinderbereichs gab es seit Eröffnung des Jungen Schlosses 2010 nur eine Ausstellung mit ähnlichem Erfolg. „Römische Baustelle! Eine Stadt entsteht“ sahen sich zwischen Herbst 2015 und Juni 2016 gut 87 000 Besucher an. Nach der Rechnung von Reimann macht das ebenfalls rund 30 000 Gäste in drei Monaten. Ins sogenannte Junge Schloss dürfen nur bis zu 100 Menschen auf einmal.

Der Lärm an diesem Vormittag beweist, dass die Ausstellung auch ohne Führer funktioniert. Eine Kindergartengruppe malt auf der Polizeistation wie wild Steckbriefe. Eine Gruppe angehender Erzieherinnen im jugendlichen Alter ist fast noch lauter, so begeistert sind sie von den Mitmachmöglichkeiten. Ein Renner ist laut Kurator Christoph Fricker etwa das Laufband, das einen Film vom Marsch durch den Wald zeigt. Wenn der Nutzer schnell läuft, flitzt der Räuber förmlich; wenn er stehen bleibt, tut sich auch im Wald nichts mehr.

Wartezeiten bis zu drei Stunden

Überall ist etwas los. „Das liegt daran, dass die Ausstellung die Kinder direkt aus dem Kinderzimmer abholt“, sagt Kurator Fricker, „außerdem weckt das Thema Erinnerungen – bei Eltern und Erziehern“. Und weil die Besucher gar nicht mehr gehen wollen, kommt es an den Wochenenden regelmäßig zu Wartezeiten von bis zu drei Stunden. „Wir wollen den Besuchern bisher keine Blockzeiten zumuten“, sagt Christoph Fricker. Jeder soll gehen, wenn er genug hat.

Trotzdem wird die erste Ausstellung, in der nichts aus dem Bestand des Museums zu sehen ist, kein Muster für alle Zeiten. „Die nächste Ausstellung im Jungen Schloss wird wieder nah am Bestand sein“, verspricht Fricker. Nach Informationen unserer Zeitung wird es bei der nächsten Landesausstellung im Herbst 2020 um Mode gehen – und bei jener im Kinderbereich auch. Bis dahin und nach der Hotzenplotz-Ausstellung (bis 23. Juni) sowie der Landesausstellung „Faszination Schwert“ (bis 28. April) geht es im Ausstellungsbereich ruhiger zu: Weil das Erdgeschoss mit Kasse und Garderobenbereich von April an renoviert wird, gibt es für rund eineinhalb Jahre nur die Dauerausstellung zu sehen. Für einzelne Wochen bleibt das Museum sogar ganz zu. Details gibt Direktorin Ewigleben im Februar bekannt.