Sieben Jahre lang war Ramon Gehrmann erfolgreich Trainer beim SGV Freiberg. Er kennt das Umfeld und die Spieler – und dennoch sieht der Trainer der Stuttgarter Kickers seinen Kollegen Mario Estasi im direkten Duell an diesem Sonntag (14 Uhr/Wasenstadion) sogar im Vorteil. Warum, sagt er im Interview.

Sport: Jürgen Frey (jüf)

Stuttgart - 120-Jahr-Feier an diesem Samstag, Fußball-Oberligaspiel am Sonntag. Für Ramon Gehrmann, den Trainer der Stuttgarter Kickers, liegt der Fokus natürlich auf dem Punktspiel bei seinem früheren Verein. Im Interview äußert der 45-Jährige sich über die Unterschiede zwischen den beiden Vereinen.

 

Herr Gehrmann, vor Ihnen steht ein ganz besonderes Wochenende?

Auf jeden Fall. Es stehen zwei absolute Höhepunkte an mit unserem 120-Jahr-Jubiläum am Samstag und dem Oberligaspiel beim SGV Freiberg einen Tag später. Wobei für mich persönlich natürlich die Rückkehr an meine alte Wirkungsstätte im Fokus steht. Wir stehen als erste Mannschaft in der Pflicht, unseren Teil zu einem positiven Festwochenende beizutragen.

Haben Sie noch viel Kontakt nach Freiberg?

Ja, ich pflege noch regelmäßigen Kontakt mit Spielern und Verantwortlichen.

Aufgrund des Kickers-Jubiläums findet das Abschlusstraining am Samstag um 14.30 Uhr im Gazi-Stadion statt – vor voraussichtlich größerer Kulisse. Hat das Auswirkungen auf die Vorbereitung?

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Es macht natürlich Spaß, vor vielen Zuschauern zu trainieren. Nur müssen wir auch aufpassen, dass wir uns nicht zu sehr puschen lassen und vor unseren Anhängern zu viel zeigen wollen. Wir werden einen Tag vor dem Spiel keine intensiven Zweikämpfe vorführen. Ich denke, dafür haben unsere Fans Verständnis.

Was verbinden Sie mit Freiberg?

Vor allem viele Freundschaften aus insgesamt sieben Jahren.

Und natürlich auch Erfolge.

Wir haben zweimal den Oberliga-Aufstieg geschafft, wir sind dreimal württembergischer Meister geworden und standen dreimal im WFV-Pokal-Halbfinale. Diese Bilanz kann sich schon sehen lassen.

Letztes Jahr hat es in der Oberliga auch lange Zeit sehr gut ausgesehen.

Ja, am Ende haben wir uns unsere sehr gute Ausgangsposition nicht ins Ziel gebracht, dazu hat auch die 0:1-Heimniederlage gegen die Stuttgarter Kickers beigetragen.

Sie kennen das SGV-Team sehr gut. Ein großer Vorteil für das Spiel am Sonntag?

Das Kennen beruht ja auf Gegenseitigkeit. Ich sehe den Vorteil sogar eher auf Seiten des SGV. Mario Estasi weiß, wie ich als Chefcoach ticke, ich kenne ihn nur in der Rolle als Co-Trainer. Aber klar, über die Qualitäten der Einzelspieler weiß ich natürlich schon gut Bescheid.

In Denis Zagaria und Hakan Kutlu fallen zwei nicht unbedeutende Freiberger Kräfte gesperrt aus.

Das ist schade.

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Für die Spieler.

Ja, aber auch ich persönlich finde es schade. Es sind zwei besondere Spieler für mich und zu „Zaga“ habe ich immer noch einen sehr engen Draht.

Torwart Thomas Bromma und Mittelfeldmann Leon Braun haben auch eine Freiberger Vergangenheit. Beide gehören derzeit nicht zur Anfangsformation bei den Stuttgarter Kickers. Wie ärgerlich ist das für die beiden?

Thomas hat seine Einsätze im WFV-Pokal, wenn Tobias Trautner etwas passiert, spielt er auch in der Oberliga. Leon ist in einer sehr guten Form und ein Kandidat für die Anfangself. Er hat im WFV-Pokal gegen den VfR Aalen 38 Sprints hingelegt und nach seiner Einwechslung gegen die SF Dorfmerkingen klasse gespielt. Er ist deutlich weiter, als ich ihn vor der Saison erwartet hatte und ich sehe von Woche zu Woche eine gute Entwicklung. Leon wird noch eine sehr wichtige Rolle für uns einnehmen.

Egal, wer zum Einsatz kommt, die Stuttgarter Kickers gehen als Favorit ins Spiel?

Grundsätzlich kann in dieser Liga jeder jeden schlagen, obgleich wir unseren guten Lauf fortsetzen möchten. Doch der SGV ist individuell sehr gut besetzt – daran ändern auch die Ausfälle wenig. Ich hoffe, dass meine Spieler alles dafür tun werden, auch für mich dieses Spiel zu gewinnen.

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Wo liegt der Hauptunterschied zwischen den beiden Vereinen?

Ganz klar in der Atmosphäre und in dem professionellen Umfeld bei den Stuttgarter Kickers. Die Fans sind der Hammer. Ich war zwar auch zuvor Oberliga-Trainer, aber bei den Blauen ist das eine ganz andere Welt. Ich werde oft auf meine Arbeit angesprochen, beim Bäcker, einfach überall in der Öffentlichkeit. Zudem kann ich die Spieler im direkten Vergleich besser entwickeln, etwas mehr von ihnen verlangen. Nicht alle haben beim Training einen langen Arbeitstag hinter sich, das ist schon ein anderes Arbeiten.

Was wünschen Sie sich für Sonntag?

Für die Zuschauer eine schönes, attraktives Spiel und für uns einen Sieg. Ich bin davon überzeugt, dass es für mich eine schöne Rückkehr wird und sich dort auch viele Menschen freuen werden mich zu sehen.

Wir haben Fotos zu 120 Jahren Stuttgarter Kickers zusammengetragen. Klicken Sie sich durch die Bildergalerie!