Zwei Wochen brodelte es in Baltimore, nachdem der Afroamerikaner Freddie Gray ums Leben gekommen war. Stunden nach seiner Beerdigung schlagen die Proteste in Gewalt um. Jetzt soll die Nationalgarde helfen, die brenzlige Lage in den Griff zu bekommen.

Baltimore - Randale, Plünderungen und Gewalt gegen Polizisten haben die US-Metropole Baltimore ins Chaos gestürzt und die Nationalgarde auf den Plan gerufen. Angesichts der schwersten Unruhen seit Jahrzehnten verhängte der Gouverneur von Maryland den Ausnahmezustand, um auf bis zu 5000 Nationalgardisten zurückgreifen zu können. Eine ab Dienstagabend (Ortszeit) und für den Rest der Woche geltende nächtliche Ausgangssperre soll helfen, die Lage nach den Ausschreitungen zu beruhigen. Präsident Barack Obama hatte am Montag mit den Zuständigen telefoniert und seine Unterstützung zugesagt.

 

Die Wut der Anwohner über den Tod des Afroamerikaners Freddie Gray war am Montag nur Stunden nach dessen Beerdigung in Gewalt umgeschlagen. Geschäfte wurden geplündert und in Brand gesteckt, Polizisten mit Steinen angegriffen und teils schwer verletzt. Mehr als 200 Menschen wurden laut „Baltimore Sun“ festgenommen.

Mehrere Polizeiautos brannten komplett aus oder wurden demoliert. Insgesamt brannten nach CNN-Angaben mehr als 140 Fahrzeuge. Bis in die Nacht zogen Vermummte durch den Westteil der 60 Kilometer von Washington entfernten Stadt, wie dpa-Reporter berichteten. Gouverneur Larry Hogan gab „umherziehenden Gangs von Verbrechern“ die Schuld und versprach am Dienstag, die Gewalt mit allen Mitteln zu stoppen.

Politiker und Vertreter der Stadt verurteilten die Randale scharf

Politiker und Vertreter der Stadt verurteilten die Randale scharf. „Es ist idiotisch, zu glauben, dass das Leben für irgendwen durch die Zerstörung der Stadt verbessert wird“, sagte Bürgermeisterin Stephanie Rawlings-Blake. Im Westen der Stadt ging ein geplünderter Drugstore in Flammen auf, im Osten brannte ein nicht fertiggestelltes kirchliches Altenzentrum. Ob dieser Brand mit den Ausschreitungen zusammenhängt, blieb zunächst unklar. Hubschrauber kreisten am Himmel, Müll und Schutt lagen auf den Straßen verstreut.

Die Orioles verschoben ein für Montagabend (Ortszeit) angesetztes Baseball-Spiel, der Schulunterricht fiel am Dienstag in der ganzen Stadt aus und städtische Behörden blieben geschlossen.

Am Hafen der Ostküstenstadt, der bei Einheimischen und Touristen als Vergnügungsviertel beliebt ist, sowie vor dem Rathaus patrouillierten am Dienstag schwer bewaffnete Nationalgardisten. „Die Nationalgarde ist das letzte Mittel, um die Ordnung wiederherzustellen“, sagte Gouverneur Hogan. Auch gepanzerte Fahrzeuge standen bereit. Die Polizei erklärte aber, die Lage nicht verschärfen zu wollen. Der Auftritt schwer bewaffneter Polizisten in Ferguson im Staat Missouri hatte nach dem Tod des schwarzen Teenagers Michael Brown im August 2014 ebenfalls zu Unruhen geführt.

Hintergrund ist der Tod des Afroamerikaners Freddie Gray

Hintergrund der Ausschreitungen ist der Tod des 25-jährigen Afroamerikaners Freddie Gray, der am Montag zu Grabe getragen worden war. Gray war am 12. April festgenommen worden, erlitt wenig später in Polizeigewahrsam eine Rückenmarkverletzung und starb nach Angaben der Behörden, nachdem er ins Koma gefallen war. Die genauen Umstände seines Todes sind noch unklar. Die sechs beteiligten Polizisten wurden zunächst vom Dienst suspendiert, das Justizministerium ermittelt. Grays Mutter Gloria Darden verurteilte die Randale nach einem Bericht der „Baltimore Sun“.

Am Dienstag hatte sich die Lage beruhigt. Freiwillige begannen mit Aufräumarbeiten, Ladenbesitzer kehrten in ihre Geschäfte zurück, um das Ausmaß der Schäden zu prüfen. „Wir werden diese erbärmlichen und feigen Gewalttaten nicht unsere Stadt ruinieren lassen“, schrieb Rawlings-Blake auf Twitter. Am Montag hatten sich rund 75 Geistliche mit Anführern der Gangs Crips und Bloods sowie der religiösen Bewegung Nation of Islam getroffen, um den Dialog zu suchen. Vertreter von Crips und Bloods riefen zur Ruhe auf.

Das rund 620 000 Einwohner zählende Baltimore ist eine der gefährlichsten Städte der Vereinigten Staaten. Seit Jahren bemüht sich die Stadt, Probleme wie Armut, Drogenhandel und Gewalt in den Griff zu bekommen. 2013 hatte Baltimore nach einer FBI-Statistik die fünfthöchste Mordrate aller US-Städte mit mehr als 100 000 Einwohnern und die siebthöchste Kriminalitätsrate. Seit 2006 ist die Zahl der Gewaltverbrechen aber rückläufig.