Zeugen stufen die Fahrweise des Angeklagten als gefährlich ein. Der Sportwagen wurde an verschiedenen Stellen gesehen und verursachte dabei auch Befürchtungen bei den Beobachtern.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Für einen eingefleischten Autofan aus Stuttgart existiert fortan ein Hingucker weniger: Wenn ein Jaguar F-Type mit sportlichem Acht-Zylinder-Motor an ihm vorbei knattert, wird sich der 44-Jährige nicht mehr umdrehen. „Ich hasse dieses Auto jetzt“, sagt der Mitarbeiter einer Abschleppfirma am Mittwoch im Jaguarprozess am Stuttgarter Landgericht. Der 44-Jährige sah den Wagen am Tag des Unfalls durch die Stadt brettern. Am Tag danach sah er den Jaguar und einen deformierten Kleinwagen, in dem ein junges Paar starb, auf dem Hof seiner Firma. Kollegen hatten die Unfallautos in der Nacht abgeschleppt.

 

In dem Prozess muss sich ein 20-Jähriger verantworten, weil er mit einem gemieteten Jaguar F-Type einen tödlichen Unfall verursachte. Er holte am Abend des 6. März kurz nach 23.30 Uhr einen Kumpel an der Rosensteinstraße zu einer Spritztour ab. Dann geschah am Ufa-Kino der fatale Unfall: Der junge Fahrer soll bei mehr als Tempo 160 die Kontrolle verloren haben und schleuderte mit dem Jaguar in einen Citroën C1. Der 25-jährige Fahrer und die 22 Jahre alte Beifahrerin darin waren sofort tot.

Tuningfan hat Angst vor dem viel zu schnell fahrenden Jaguar

Der Abschleppauto-Fahrer hatte Stunden zuvor Angst vor dem Jaguar. Der sei an ihm vorbeigefahren, als er an der Borsigstraße einen abzuschleppenden Wagen festzurrte und neben dem Hinterrad kniete. „Er ist zwar ausgewichen, aber ich habe den Luftzug gespürt. Ich habe ,Idiot!’ gerufen und gehofft, dass er das hört“, sagt der Zeuge. Den Jaguar habe er eindeutig erkannt. Er sei früher selbst in der Tuningszene unterwegs gewesen und drehe sich reflexartig bei auffälligen Motorengeräuschen um, um zu checken, was da fährt. Der Unfall des Jaguar habe ihn schockiert. So sehr, dass er in der Firma einen Bogen um den Citroën der Opfer machte. „Das war so schlimm, ich konnte an den Wagen nicht ran“, sagt der Berufskraftfahrer.

Der 44-Jährige war nicht der einzige, dem der Wagen an dem Tag auffiel. Etliche fahrzeugkundige Zeugen meldeten sich nach dem Aufruf der Polizei. An der Theodor-Heuss-Straße, an der Bolzstraße und im Süden am Erwin-Schöttle-Platz fiel der Wagen auf.

Ein 50-jähriger Musiklehrer beobachtete am Erwin-Schöttle-Platz eine Szene, die er als beginnendes Autorennen einstufte: Der Jaguarfahrer habe an der Ampel schräg hinter sich einen Porsche entdeckt. Mit durchdrehenden rauchenden Reifen und aufheulendem Motor habe er den Porschefahrer zu einem Rennen förmlich angestachelt, beschreibt der Zeuge. Der Porschefahrer habe darauf reagiert und beide seien mit Vollgas die Karl-Kloß-Straße hochgebrettert. Er habe noch den Reflex gehabt, die Polizei zu rufen und die aus einer Sicht gefährliche Fahrweise zu melden. „Aber dann hab ich mich auf Schutzengel verlassen und es nicht getan“, fügt er hinzu.

Dass die Polizei den Unfallfahrer an jenem Tag nicht stoppen konnte, regt einen 29 Jahre alten Anwohner der Wolframstraße noch heute auf. Er sah damals, wie der Jaguar beim Einkaufszentrum Milaneo die Wolframstraße auf und ab fuhr, viel zu schnell und dröhnend laut. „Ich dachte, ich muss die Polizei nicht informieren“, sagt er. Denn nicht nur liege an jenem Straßenabschnitt ein Revier. Zwei Beamte seien ausgestiegen und ins Revier gegangen, als der Jaguar vorbeiraste. „Da dachte ich, die wissen es ja“, so der Zeuge.