Ein Stadtteil von Tuttlingen heißt auch Möhringen und hat ebenfalls eine Mohrin im Wappen. Dort hat sich bisher aber keiner beschwert. Im Gegensatz zu Stuttgart . . .

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Möhringen - Möhringen ist nicht gleich Möhringen. Und damit ist in diesem Fall nicht nur gemeint, dass das eine ein Stadtbezirk von Stuttgart und das andere ein Ortsteil von Tuttlingen ist. Auch die politischen Debatten verlaufen offensichtlich anders. Denn eines haben die Möhringens gemeinsam: In beiden Wappen ist eine dunkelhäutige Frau zu sehen. Doch Ärger gibt es deshalb nur in Stuttgart – wegen Rassismusverdachts.

 

Die Aufregung in der Landeshauptstadt wegen des Mohren-Wappens habe sich freilich bis nach Tuttlingen-Möhringen herumgesprochen, sagt der Sprecher der Stadt, Arno Specht, auf Nachfrage unserer Zeitung. Dass die Wellen nach einer Online-Petition – mit mittlerweile mehr als 9000 Unterzeichnern – in Stuttgart derart hochschlugen, habe dazu geführt, dass auch im Tuttlinger Möhringen die Presse angerufen habe.

Urbanere Debattenkultur?

Den Journalisten der Schwäbischen Zeitung sagte die Stadtverwaltung dann dasselbe, wie Specht jetzt sagt: Aus der Bevölkerung sei nichts gekommen. „Und auch in den Netzwerken gab es nach dem Zeitungsartikel keinen vehementen Kommentar“, erzählt Specht. Er erklärt es sich damit, dass Stuttgart eben urbaner sei, auch von der Debattenkultur her.

Dabei hatte Specht das ganze Thema seit den „Black Lives Matter“-Demonstrationen genau verfolgt. Er habe zuletzt aus persönlichem Interesse viel gelesen über Städte mit Mohrenstraßen oder Mohrenapotheken – und habe insgeheim damit gerechnet, dass auch auf Tuttlingen-Möhringen etwas zurollen könnte. Doch so kam es nicht. In den 15 Jahren, in denen er für die Stadt arbeite, sei nie Entsprechendes aufgeschlagen.

Bisher immer im Sande verlaufen

Letztlich sei es ja eine Interpretationsfrage, wie so ein Wappen gedeutet werde. Und wichtig sei es eben, die historische Entstehungsgeschichte im Blick zu behalten. Und die sei im Fall des Wappens von Tuttlingen-Möhringen eben alles andere als rassistisch. Das Wappen gibt es seit anno 1470. Bei der Gestaltung ist Bezug genommen worden auf den Namen des Ortes. „Das Möhringer Wappen und die Darstellung der Möhrin haben keinerlei realen historischen Hintergrund – also auch nicht zu Sklaverei, Kolonialismus oder anderen negativ belasteten historischen Ereignissen“, hat der Stadtarchivar von Tuttlingen der Schwäbischen Zeitung gegenüber erklärt. Der Name Möhringen gehe auf den Anführer der alemannischen Sippe zurück, die einst den Ort gegründet habe. In diesem Fall Mero oder Maro gewesen. Mehr oder weniger dieselbe Erklärung gibt es für die Entstehung der Wappens von Stuttgart-Möhringen. Doch hier hatte es immer wieder Diskussionen dazu gegeben, ob das Wappenbild abgeschafft gehört. Bisher sind die Debatten aber jedes Mal wieder im Sande verlaufen.