Rauchverbot in Kneipen. Wohnungskündigung für Raucher. Für Zigarettenfans wird die Luft zunehmend dünner. Justitia hat nun ein neues Kapitel geschrieben - diesmal zugunsten der Raucher.

Rathenow - Mieter dürfen trotz empfindlicher Nachbarn auf ihrem Balkon rauchen. Das hat das Amtsgericht Rathenow am Freitag entschieden und die Klage von Nachbarn eines Raucher-Ehepaares abgewiesen. Die Kläger aus Premnitz in Brandenburg hatten sich am Zigarettenqualm von der Etage unter ihnen gestört und waren deshalb vor Gericht gezogen. Das Rentner-Paar wollte erreichen, dass die anderen Mieter nur noch zu bestimmten Zeiten im Freien rauchen dürfen. Dafür sah Richter Peter Lanowski keine Rechtsgrundlage.

 

Kläger kündigt Berufung an

Die Beeinträchtigung infolge des Rauchens der Nachbarn sei noch hinnehmbar, entschied Lanowski. Die Kläger kündigten Berufung an und wollen vor das Landgericht Potsdam ziehen. „Ich bin sehr enttäuscht“, sagte der Rentner. Gemütliche Kaffeerunden könne es so auf seinem Balkon nicht mehr geben. „Wenn es gut geht, sitzen wir eine Stunde ungestört, ein anderes Mal können wir nach fünf Minuten wegen des Zigarettenqualms abräumen“, meinte er.

Sein Anwalt Nils Ahrens verwies auf Urteile zum Grillen auf dem Balkon, wonach Begrenzungen üblich sind. Etwas Vergleichbares hätte doch auch im vorliegenden Fall gefunden werden können, monierte er.

Die Kläger hatten dem Gericht ein Protokoll vorgelegt, das dokumentierte, wann die Nachbarn zur Zigarette griffen. Auch Fotos hatten sie eingereicht. Konkret wollten die Beiden ein Rauchverbot für die Zeiten zwischen 7 und 8 Uhr, 10 und 11 Uhr, 13 und 15 Uhr sowie zwischen 17 und 19 Uhr und zwischen 20 und 23 Uhr erreichen.

Bis zu zwölf Zigaretten täglich laut Gericht keine übermäßige Belastung

Dafür sah Richter Lanowski keine Veranlassung. Er stützte sich bei seinem Urteil auf die Angaben der beklagten Mieter. Danach rauchen sie abwechselnd bis zu zwölf Zigaretten täglich auf dem Balkon. Dies stelle keine übermäßige Belästigung dar, meinte der Jurist und verwies auf eine Entscheidung des Landgerichts Hamburg. Dort hatten die Richter einen Konsum von mehr als 20 Zigaretten als nicht mehr hinzunehmende Rauchbelästigung angesehen.

„Der Richter hat nichts Neues gewagt“, kritisierte Ernst-Günther Krause von der Nichtraucher-Initiative Deutschland. Er war für die Urteilsverkündung aus München angereist. „Das war ein typisches erstinstanzliches Urteil. Die Grenze bei 20 Zigaretten pro Tag zu ziehen, ist willkürlich“, meinte Krause. Er setze seine Hoffnung auf die Berufungsinstanz: „Nichtraucher müssen besser geschützt werden. Einfach die Balkontür zu schließen, kann keine Lösung sein.“

Der brandenburgische Fall erregte besonderes Interesse nach einem Raucher-Urteil aus Nordrhein-Westfalen. Das Amtsgericht Düsseldorf hatte die fristlose Kündigung eines 75-Jährigen wegen Zigarettenrauchs bestätigt. Der Mann will das Urteil anfechten.