Dampfer können aufatmen. Vorerst wird es keine EU-weite Steuer auf elektronische Zigaretten geben. Die EU-Kommission will frühestens 2019 solche Steuerpläne prüfen.

Korrespondenten: Markus Grabitz (mgr)

Brüssel - Eine Besteuerung von elektronischen Zigaretten (E-Zigaretten) in Deutschland rückt in weite Ferne. Nach Informationen unserer Zeitung spricht sich die EU-Kommission am Freitag gegen die EU-weite Einführung einer Steuer auf die Flüssigkeit aus, die in E-Zigaretten erhitzt und von den Nutzern inhaliert wird. Die Dampfer können also aufatmen. Dies geht aus einem Bericht der Kommission hervor, der unserer Zeitung vorliegt. Darin heißt es, es sei zu früh für einen Steuervorschlag. Es gebe zu wenige Daten über den vergleichsweise jungen Markt. Es sei „schwierig, Vorhersagen zu machen, wie sich der Markt in der Zukunft entwickeln wird.“ Die Kommission macht deutlich, dass zudem zu wenig Klarheit herrsche darüber, wie schädlich das Dampfen sei. Daher sei von der gesundheitspolitischen Perspektive her „eine vorsichtige Annäherung“ an das Steuerthema ratsam, heißt es in dem Bericht weiter. Die EU-Kommission will frühestens 2019 eine Steuer auf E-Zigaretten wieder prüfen. Dann steht eine Überprüfung der Richtlinie an. Auch bei den so genannten „weniger schädlichen Zigaretten“, wie sie etwa Philip Morris unter dem Markennamen Iqos in Deutschland anbietet, sowie beim Feinschnitt will die EU-Kommission es beim alten belassen und den 28 Mitgliedsstaaten keine neuen Vorschriften machen.

 

Die letzte Tabaksteuererhöhung hat 2015 gegriffen

Mit dieser Entscheidung aus Brüssel hat die Bundesregierung freie Hand. Bislang hatte der damalige Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) stets abgewartet. Er lehnte nationale Alleingänge bei der Besteuerung von E-Zigaretten ab und verwies darauf, dass die Finanzminister aller 28 Mitgliedstaaten der EU die Kommission 2016 aufgefordert hatten, die Tabaksteuerrichtlinie zu überprüfen. Mit der jetzigen Entscheidung, die Richtlinie bis 2019 nicht anzufassen, sind nun die künftigen Koalitionäre am Zug. Wie aus dem Bundesfinanzministerium zu hören ist, hat das Haus keine Pläne für die Einführung einer Steuer auf E-Zigaretten in der Schublade. Man wolle einer neuen Koalition nicht voraus greifen.

Die Fachpolitiker von Union und SPD halten sich bedeckt. Während der Koalitionsgespräche will niemand mit Steuerplänen nach außen dringen. Dabei ist nicht unwahrscheinlich, dass Raucher in dieser Wahlperiode wieder stärker vom Fiskus zur Kasse gebeten werden. Die letzte Erhöhung der Tabaksteuer hat Anfang 2015 gegriffen. Die Branche, die gern Steuererhöhungen für eigene Preisaufschläge nutzt, drängt seit langem auf eine leichte Erhöhung der Tabaksteuer. Gesundheitspolitiker haben dafür meistens auch Sympathien.

Klassische Filterzigaretten spielen dem Fiskus immer weniger Geld ein

Klar ist: Es wird weniger geraucht, die Konsumgewohnheiten ändern sich, und dies hat Folgen für das Tabaksteueraufkommen. Das Tabaksteueraufkommen insgesamt sank 2016 um fünf Prozent gegenüber 2015. Klassische Filterzigaretten spielen immer weniger Geld für den Fiskus ein. 2016 brachten sie 12,3 Milliarden für den Fiskus zusammen, im Vorjahr waren es noch 13 Milliarden gewesen. Für das Dampfen von E-Zigaretten wird gar keine Tabaksteuer fällig. Und die Iqos des Marlboro-Herstellers Philip Morris hat durch Lobbying ein umstrittenes Steuerprivileg bekommen: Steuerlich wird sie wie Pfeifentabak behandelt und damit deutlich niedriger besteuert als Filterzigaretten. Während der Verkaufspreis für 20 Iqos gleich ist wie der von 20 Marlboros, bekommt der Fiskus bei einer Schachtel Marlboro einschließlich Mehrwertsteuer 3,88 Euro. Bei der Iqos beträgt der Steueranteil bei der gleichen Stückzahl nur 1,05 Euro.

Italien hat schlechte Erfahrungen mit der Steuer auf E-Zigaretten

Die Kommission schätzt in ihrem Bericht, dass der Umstieg von Rauchern auf E-Zigaretten und andere alternative Produkte das Aufkommen aus der Tabaksteuer um rund 2,5 Prozent gesenkt hat. Die Einführung einer Steuer auf neuartige Tabakprodukte, so heißt es in der Studie weiter, könne für die Haushalte der Mitgliedstaaten jährlich insgesamt zwischen 300 und 500 Millionen Euro einspielen. Allerdings wird darauf verwiesen, dass die Erhebung schwierig sei. Während bei der Tabaksteuer ein gut funktionierendes System mit der Ausgabe von Steuerzeichen besteht, wäre die Besteuerung von Flüssigkeiten in E-Zigaretten in Deutschland Neuland. In neun anderen EU-Ländern, darunter Portugal, Rumänien und Griechenland, werden die Flüssigkeiten bereits besteuert. Wobei Italien schlechte Erfahrungen mit der Steuer auf E-Zigaretten gemacht hat: Dort fiel die Steuer zunächst so hoch aus, dass sich die Dampfer überwiegend die Flüssigkeit aus dem Ausland importiert haben.

Die Branche fürchtet nationale Alleingänge

Die E-Zigaretten-Branche fürchtet jetzt nationale Alleingänge. Dustin Dahlmann vom Bündnis für rauchfreien Genuss appelliert: „Um Raucher vom Tabakqualm wegzubringen, darf man die wesentlich weniger schädlichen Alternativen nicht kaputt besteuern.“ Und Dac Sprengel vom Verband des e-Zigarettenhandel (VdeH) sagt: „Eine faire und risikospezifische Besteuerung von E-Zigaretten müsste deutlich unter dem Niveau der Iqos landen.“