Die Amerikaner würden gerne einen Nationalpark auf dem Mond errichten, um die Spuren der zwölf Apollo-Astronauten für die Nachwelt zu erhalten. Das aber widerspricht dem Weltraumvertrag. Forscher schlagen nun ein anderes Abkommen vor.

Washington - Manche Bilder bleiben wohl für immer im Gedächtnis: Jubelnde Menschen auf der nächtlichen Berliner Mauer beenden die Teilung Deutschlands, der Abdruck eines klobigen Astronautenstiefels im Staub des Mondes zeigt die Spur des ersten Menschen auf einem fremden Himmelskörper.

 

Die historischen Schauplätze dagegen verschwinden meist rasch: Von der Mauer, die einst Berlin teilte, haben Touristen und Bauunternehmer wenig übrig gelassen. Die Spuren von Roald Amundsen, der im Dezember 1911 als erster Mensch den Südpol der Erde erreichte, sind längst von den Stürmen der Antarktis verweht. Von den großen Entdeckern zeugen heute oft nur noch Bilder oder Gemälde, aber längst keine realen Orten mehr – von Christoph Kolumbus wissen wir nicht einmal, wo er in der Neuen Welt zum ersten Mal tatsächlich einen Fuß an Land setzte.

Noch immer sind die Spuren der Apollo-Astronauten erhalten

Nur auf dem Mond haben sich die Spuren der ersten Astronauten in einer fremden Welt erhalten. Dort nagen weder Sauerstoff, Wasser noch lebende Organismen am Landeteil der Mondfähre oder an den Spuren des Rovers, den die 1969 bis 1972 in ihren Apollo-Raumschiffen gelandeten Entdecker auf dem Erdtrabanten zurückgelassen haben.

Das sollte auch so bleiben, fordern Henry Hertzfeld und Scott Pace von der George Washington University in der US-amerikanischen Hauptstadt jetzt in der Zeitschrift „Science“: „Der Schutz der sechs historischen Landeplätze der Apollo-Missionen und aller Geräte, die an unbemannte Landungen auf dem Mond erinnern, ist wichtig.“ Diese Meinung teilt auch der Planetengeologe Ulrich Köhler vom deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR): „Genau wie den Schreibtisch von Martin Luther, an dem er die Bibel übersetzte, sollte man diese ersten Spuren der Menschen auf dem Mond für die Nachwelt erhalten.“

Helium-Abbau könnte die Spuren zerstören

Zwar gibt es bisher keine akuten Gefahren für die Fußabdrücke der zwölf Astronauten, die bisher auf dem Mond landeten. Aber das muss keineswegs für alle Ewigkeit so bleiben. Schließlich ist es denkbar, dass in Zukunft die Bodenschätze des Erdtrabanten benötigt werden, aus denen man beispielsweise Helium-3 gewinnen kann. Dieses Edelgas könnte in Fusionsreaktoren elektrischen Strom erzeugen, kommt aber auf der Erde kaum vor. „Dabei würde wohl die Oberfläche umgepflügt, und es würden alle historischen Zeugnisse vernichtet“, vermutet Ulrich Köhler. Ähnlich wie in Berlin Mauerspechte unmittelbar nach der Wende die Grenzanlagen zwischen Ost und West demolierten und die Bruchstücke als heiß begehrte Souvenirs verhökerten, könnten eines mehr oder minder fernen Tages auch Mond-Touristen Blechstücke von den Landefähren der Apollo-Missionen abschneiden, um sie zuhause in ihrer Vitrine auszustellen.

Vor solchen Gefahren sollten die historischen Stätten auf dem Mond bewahrt werden. „Nur wie?“, rätseln die US-Forscher Henry Hertzfeld und Scott Pace in „Science“. Für ungeeignet halten sie ein Gesetz, das am 8. Juli dieses Jahres in den US-Kongress eingebracht wurde und das eine Art „Nationalpark“ um die Relikte auf dem Mond anstrebt. Ein solcher Schutz würde den Weltraumvertrag der Vereinten Nationen verletzen, der von allen großen Raumfahrtnationen unterzeichnet wurde, seit 1967 in Kraft ist und der nationale Ansprüche außerhalb der Erde untersagt.

Ob die Landeplätze ein Weltkulturerbe sind, ist fraglich

Die Landeplätze zum Welterbe der Menschheit zu erklären, sei ebenfalls kaum möglich, erklären die US-Forscher: Für Regionen außerhalb der Hoheitsgebiete von Staaten gibt es zwar ein Abkommen der Weltkulturorganisation Unesco. Es ist ursprünglich für Schutzgebiete auf dem Meeresgrund gedacht gewesen. Keine Nation mit eigener bemannter Raumfahrt aber hat diesen Vertrag unterzeichnet.

Henry Hertzfeld und Scott Pace schlagen deshalb einen Vertrag zwischen den USA und Russland vor. Diese beiden Nationen sind bisher als einzige auf dem Mond gelandet – die Russen nur mit unbemannten Sonden. Als dritter Partner soll China ins Boot, das noch im Dezember 2013 eine Sonde auf dem Erdtrabanten bringen möchte und für die 2020er Jahre bemannte Mondmissionen plant. Sobald weitere Staaten und Organisationen dazu stoßen, sollten auch sie den Vertrag unterzeichnen und so eigene Landeplätze schützen.

So bliebe dann auch der Fußabdruck von Neil Armstrong erhalten, der als erster Mensch seinen Fuß auf einen fremden Planeten setzte. Andere sichtbare Beweise für diese Pioniertat gibt es nämlich laut Ulrich Köhler kaum: „Sein Begleiter Buzz Aldrin, der Zweite auf dem Mond, hat nämlich kein einziges Foto von Armstrong gemacht!“