Gesprächspartner in futuristischen Räumen treffen oder im virtuellen Flug über Ludwigsburg schweben? Die „Raumwelten“ machen es möglich.

Ludwigsburg: Susanne Mathes (mat)

Ein wenig ungelenk kommt man sich schon vor, wenn man mit VR-Brille auf der Nase und Controllern in den Händen virtuell durchs Ludwigsburger Schloss tapst – oder vom Akademiehof aus 33 Kilometer in die Höhe fliegt und Ludwigsburg irgendwann von über den Wolken aus betrachtet. Indes: Weder tapst noch fliegt man, auch wenn es sich so anfühlt: Man steht oder sitzt, drückt oder bewegt Tasten – und muss doch aufpassen, dass man nicht ins Schwanken kommt, wenn man sich über eine virtuelle Brüstung beugt, es über eine virtuelle Treppe steil bergab geht oder man in einer futuristischen Pausen-Lounge den Blick nach oben wendet, wo außerhalb der imaginären Glaskuppel, in der man sitzt, Fische hoch über dem Kopf umherschwimmen.

 

Einblicke für Nicht-Insider

Erfahrungen wie diese können Besucher noch bis zum Freitag im Ludwigsburg Museum austesten: Es ist Gastgeber der kurzen Pop-up-Ausstellung „Raumwelten Public“, die an die Plattform „Raumwelten“ für Szenografie, Architektur und Medien angegliedert ist. Während diese vor allem Kreative aus Unternehmenskommunikation, Marketing, Architektur, Bühnenbild, Szenografie, Messebau oder Installationskunst und Medien zu virtueller Begegnung, Austausch und Blicke auf neue Entwicklungen einlädt, richten sich die „Raumwelten Public“ gezielt auch an Nicht-Insider: Sie geben den Besuchern eine Ahnung davon, wie digitale Räume gestaltet werden können und welche Verknüpfungen zwischen digitalen Medien und realem Raum möglich sind.

Corona hat die Bedeutung virtueller Begegnungen in den Fokus gerückt. Sie bieten nämlich viel mehr, als einander in Webex- oder Teams-Konferenzen zusammenzuschalten: „Begegnungen, bei denen man das Gefühl hat, vor wirklichen Menschen zu stehen, und bei denen man sich in die Augen schauen kann“, wie Hasan Halici sagt. Er ist Projektmanager für Game und Virtual Reality bei der Film & Medien Festival GmbH, die im Auftrag der Gesellschafter – Stadt Stuttgart, Wirtschaftsförderung Region Stuttgart, Filmakademie Baden-Württemberg und Stadt Ludwigsburg – Veranstaltungen wie das Internationale Trickfilm-Festival Stuttgart, das Natur-Vision-Festival oder die Raumwelten mitverantwortet.

Ihm sei bei der Vorbereitung klar geworden, sagt Halici, wie sehr diese Technologie noch unterschätzt sei – „bei allem, was mit Bildung und Training zu tun hat, aber auch in der Industrie. Man kann Prototypen entwickeln, ohne sie herstellen zu müssen, oder Mitarbeiter für gefährliche Prozesse schulen, ohne sie zu gefährden“.

Mit dem Wetterballon bis in die Stratosphäre

Die Finanzierung der „Raumwelten Public“ sei auch Mitteln der Bundesregierung zu verdanken, sagt Uwe Schmitz-Gielsdorf, Geschäftsführer der Film & Medien Festival GmbH: Sie steuerte dafür Geld aus dem Programm Neustart Kultur bei. Denn Virtual-Reality-Erlebnisse wie beispielsweise die Video-Installation „Spaces“ der Künstlerin Marie Lienhard brauchen einigen Produktionsaufwand: Lienhard ließ dafür s eine 360-Grad-Panoramakamera an einem heliumgefüllten Wetterballon vom Akademiehof Ludwigsburg bis in die Stratosphäre aufsteigen. Besucher durchleben mit Hilfe der VR-Brille den 33 Kilometer langen Flug vom Aufstieg bis zum Zerplatzen des Ballons über Kaiserbach, den rasanten Sturzflug der Kamera und die Landung auf einer Wiese mit.

Auch Jugendliche will die Pop-up-Ausstellung ansprechen: Sie können – vor Ort im Museum oder von zuhause aus, wenn sie auf die Raumwelten-Website gehen – selbst kleine Spiele und interaktive Geschichten entwickeln. Die virtuellen Entdeckungsreisen können Interessierte noch bis Freitag, 18. November, jeweils von 10 bis 18 Uhr im Ludwigsburg Museum antreten.