Abgeordnete der unterschiedlichsten Landtagsfraktionen sind zufrieden, dass der Verfassungsgerichtshof Baden-Württemberg das zeitweilige Sitzungsverbot für zwei AfD-Männer bestätigt hat.

Stuttgart - Die Abgeordneten Stefan Räpple (AfD) und Wolfgang Gedeon (fraktionslos) wollen nicht gegen die Eilentscheidung des Verfassungsgerichtshofs vorgehen. Das erklärten sie am Dienstag vor Journalisten. Die beiden AfD-Männer hatten beantragt, ihren Ausschluss aus drei Landtagssitzungen rückgängig zu machen, den die Landtagsverwaltung verfügt hatte. Das Gericht hatte die Anträge abgelehnt. Die Eilentscheidung betrifft die Teilnahme an der Plenarsitzung von diesem Mittwoch. Dies ist die dritte und letzte Sitzung, aus der die Abgeordneten ausgeschlossen sind.

 

Bis zum Hauptsacheverfahren kann es noch Monate dauern. Darin wollen Gedeon und Räpple geklärt wissen, ob Abgeordnete automatisch von weiteren Sitzungen ausgeschlossen werden können, wenn sie einem Saalverweis durch das Präsidium nicht folgen. Gedeon will zudem wissen, ob der Vorwurf der Diskriminierung für einen Ordnungsruf ausreiche. Räpple beklagte, der Verfassungsgerichtshof habe mit der Eilentscheidung „ein politisches Urteil“ erlassen. Gedeon sprach von einer „politischen Entscheidung, die juristisch verbrämt ist“.

„Ein schäbiges Verhalten“

Die Landtagsverwaltung sieht sich durch den Beschluss bestätigt. Das Gericht habe die Auffassung des Landtags geteilt: „Der Sitzungsausschluss für drei Sitzungstage stellte auch nach Überzeugung der Richter eine Konsequenz aus der Geschäftsordnung des Landtags dar, für die kein Ermessen bestand“, heißt es in einer Mitteilung. „Positiv“ nimmt die Verwaltung auch zur Kenntnis, „dass die dem Ausschluss zugrunde liegende Regelung in der Geschäftsordnung als verfassungskonform bewertet wird“. Dem Hauptsacheverfahren „sieht die Landtagsverwaltung mit Interesse entgegen“.

Hans-Ulrich Sckerl von der Grünen-Fraktion kommentiert: „Politik-Hooligan Räpple und der rassistische Foulspieler Gedeon bewegen sich außerhalb aller Spielregeln: Eine rote Karte im Parlament akzeptieren sie nur dann, wenn sie den Gegner trifft.“ Erst würden sie die Möglichkeiten des Rechtstaats ausschöpfen. „Anschließend bestreiten sie die Unabhängigkeit der Justiz, weil ihnen das Ergebnis nicht passt - ein schäbiges Verhalten.“ Sckerl unterstreicht: „Unsere Richter agieren überparteilich und sind nur den geltenden Gesetzen verpflichtet. Alles andere gehört in die Welt rechter Phantasmen.“

SPD hält Entschuldigung für angebracht

Reinhold Gall, der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Landtag, sagte: „Dem selbstinszenierten Schauspiel von Stefan Räpple und Wolfgang Gedeon, die ihr unrühmliches und peinliches Benehmen im Landtag und dem erfolgtem Rauswurf mit einem Gang vor das Verfassungsgericht krönten, wurde nun zurecht Einhalt geboten.“ Gall meint, „angebracht wäre es gewesen, sich zu entschuldigen“. Das vorläufige Urteil sieht er gleichzeitig auch als eine Niederlage für die AfD-Landtagsfraktion und ihren Vorsitzenden, „die ihre Solidarität mit den beiden Herren durch das Verlassen der Plenarsitzung zum Ausdruck gebracht haben“.

Der FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke erklärte: „Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs ist erfreulich eindeutig. Richtig stellt es auf die Funktionsfähigkeit des Parlaments ab und erwartet wörtlich ein ‚Minimum an Disziplin und Selbstbeherrschung‘ von einem Abgeordneten des Landtags.“ Da Teile der AfD hierzu offensichtlich nicht in der Lage seien, musste eingeschritten werden, findet Rülke. „Das Verfassungsgericht kommt genau zu der Position, mit der ich die Landtagspräsidentin bei ihren Entscheidungen unterstützte“, erklärt der Liberale.

Gedeon sieht Eingriff in Abgeordnetenrechte

Vor der gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Abgeordneten Stefan Räpple hatte Wolfgang Gedeon bereits erklärt: „Es geht um einen schwerstwiegenden Eingriff in meine Abgeordnetenrechte: um die Redefreiheit, das Stimmrecht u. a.“. Diese habe das Gericht „für vergleichsweise gering erachtet gegenüber eher vordemokratischen Werten wie ,Autorität der Präsidentin’ oder den diffusen Begriff ,Ansehen des Landtags’.“ Gedeon folgert, das Urteil trage dazu bei „das Ansehen des Parlamentarismus insgesamt weiter zu ruinieren und damit antidemokratische und totalitäre Tendenzen in Staat und Gesellschaft zu fördern“. Er sieht einen „Prozess der Totalitarisierung, den wir mit allen Mitteln stoppen müssen“. Stefan Räpple hatte schon am Vortag erklärt, ihm sei von vornherein klar gewesen, „dass dieses Verfassungsgericht kein unabhängiges Urteil sprechen wird“. Am Dienstag forderte er, Richter direkt zu wählen. Das sei im Interesse der Demokratie und der Gewaltenteilung.