Wenn Eltern ihre Kinder auf die falsche weiterführende Schule schicken, hat das mitunter wenig schöne Folgen für die Schüler. Nämlich dann, wenn sie den Anforderungen nicht gerecht werden. Schulleiter appellieren an die Eltern.

Degerloch/Heumaden - Viele Viertklässler freuen sich nicht nur auf die bevorstehenden Sommerferien, sondern sind auch sehr gespannt darauf, was das neue Schuljahr für sie bringt. Schließlich steht für sie ein Wechsel auf eine weiterführende Schule an, sprich: aufs Gymnasium, eine Real- oder Werkrealschule. In Stuttgart-Vaihingen haben zwei Schulleiter dieser Tage an Eltern appelliert, der Grundschulempfehlung mehr Beachtung zu schenken. Grund: Zum Schuljahr 2012/2013 wurde die verbindliche Grundschulempfehlung im Südwesten abgeschafft – die Folgen für Schulen und Schüler sind dabei selten positiv.

 

Eltern können seither frei entscheiden, welche Schule ihre Kinder ab der Klassenstufe fünf besuchen – unabhängig davon, welche Schulart die Grundschullehrer als geeignet erachten. Viele Eltern haben die Empfehlung ignoriert und ihre Kinder in den vergangenen Jahren auf einer weiterführenden Schule angemeldet, auf der die Anforderungen mitunter zu hoch waren.

Argument der Eltern: Wir wollen nur das Beste

„Das Argument vieler Eltern war oft: Wir wollen ja nur das Beste für unser Kind“, sagt Karin Grafmüller. Die Rektorin der Fritz-Leonhardt-Realschule in Degerloch ist froh, dass sich „inzwischen wieder mehr Eltern darauf besinnen, dass die Beratung und Empfehlung der Grundschule Hand und Fuß hat“, sagt sie. Einer der Gründe dürfte sein, dass – anders als in den Vorjahren – die Grundschulempfehlung bei der Schulanmeldung von diesem Jahr an wieder vorgelegt werden muss, auch wenn sie weiterhin nicht bindend ist. Die Zahl der Schüler, die entgegen der Empfehlung, für eine andere Schulart angemeldet würden, gehe daher wieder zurück.

Ganzen Stapel von Wechselanfragen auf dem Tisch

„Meine Erfahrung ist, dass sich die Eltern wieder stärker auf die Beratung einlassen“, sagt Grafmüller. Auf ihrem Schreibtisch liegt gerade ein Stapel an Anfragen von Eltern, die ihre Kinder vom Gymnasium nehmen und auf die Fritz-Leonhardt-Realschule schicken wollen, „weil das Kind im Gymnasium überfordert ist“, wie die Rektorin erläutert. Wären mehr Eltern in den vergangenen Jahren beim Übergang von der Grundschule auf eine weiterführende Schule der Grundschulempfehlung gefolgt, hätte auf derart einschneidende Schritte für die Schüler oft verzichtet werden können, ist Grafmüller überzeugt. „Ein solcher Schritt ist für viele Kinder ein Drama“, weiß die Pädagogin. In Degerloch, so sagt die Rektorin, könnten nur die wenigsten Anträge positiv beschieden werden, da alle Klassen der dreizügigen Realschule quasi am Limit seien. „Und vor den Versetzungskonferenzen können wir eh nichts sagen“, sagt Grafmüller. Denn müssten Schüler an der Fritz-Leonhardt-Realschule eine Klasse wiederholen, hätten diese Vorrang gegenüber Schülern, die von außen kommen. Die drei Eingangsklassen für das Schuljahr 2018/2019 werden laut Grafmüller auch wieder voll sein. Bei 90 Schulplätzen lagen bis Mitte Mai bereits 96 Anmeldungen vor.

An Birkenrealschule ist Situation etwas entspannter

Etwas entspannter sieht es mit der Belegung derzeit an der weitgehend zweizügigen Birken-Realschule in Heumaden aus. Auch dort gibt es aktuell aber 20 bis 25 Anfragen. „Die Zuteilung der Schüler, die aus anderen Schulen zu uns kommen, erfolgt über die Schülerstromlenkung durchs Schulamt“, sagt die Rektorin Anette Weber. Für die Eingangsklassen gibt es laut Weber derzeit noch einige freie Plätze. „Die Fünferklassen waren in den vergangenen Jahren immer gut, nie aber überfüllt.“

In den vergangenen Jahren hat man an der Birken-Realschule ebenfalls das Phänomen beobachtet, dass Eltern der Grundschulempfehlung nur bedingt folgen und eher dazu neigen, eine Schule auszuwählen, die den Kindern vermeintlich bessere Chancen bietet, oft aber auch höhere Anforderungen hat. Wenn dann festgestellt würde, dass die Anforderungen zu hoch seien, suchten die Eltern nach geeigneten Alternativen.