Vermutlich gibt es noch mehr Taten der Zwickauer Terrorzelle: Derzeit wird ein Fall im Ruhrgebiet auf Zusammenhänge überprüft.  

Stuttgart - Auf das Konto der rechtsextremen Zwickauer Terrorzelle gehen möglicherweise noch mehr Gewalttaten als bislang bekannt: Inzwischen wird das Neonazitrio eines zweiten Mordanschlags im Ruhrgebiet verdächtigt. Das nordrheinwestfälische Landeskriminalamt prüfe, ob auch ein bis heute ungeklärter versuchter Mord in Duisburg-Meiderich von Mitgliedern der Gruppe Nationalsozialistischer Untergrund ("NSU") begangen wurde, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft in Duisburg. Der Anschlag auf einen türkischen Gastwirt am 15. Dezember 2003, den das Opfer durch einen Zufall schwer verletzt überlebte, sei mit einer ferngesteuerten Selbstschussanlage durchgeführt worden. Ein ähnlich konstruierter Apparat sei auch im abgebrannten Haus der Verdächtigen Beate Zschäpe in Zwickau gefunden worden.

 

Auch zu dem Nagelbombenanschlag in Köln, bei dem im Juni 2004 in einer vor allem von Türken bewohnten Straße 22 Menschen verletzt worden waren, soll es neue Hinweise geben: Das Bundeskriminalamt hat laut "Focus" Hinweise auf eine Urheberschaft des Terrortrios gefunden. Die Dateinamen von Videosequenzen auf dem Computer von Beate Zschäpe wiesen auf ihre mutmaßlichen Mittäter Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos hin. Die Naziterrorzelle war im November aufgeflogen. Der Zwickauer Zelle werden insgesamt zehn Morde an Einwanderern und einer Polizistin zwischen 2000 und 2007 zur Last gelegt. Elf weitere Überfälle werden noch überprüft.

Auch eine Untersuchung der Sicherheitsbehörden wird es geben

Zur Mordserie des Trios wird es aller Voraussicht nach einen Bundestags-Untersuchungsausschuss geben. Die SPD-Fraktion wolle einem entsprechenden Antrag der Grünen zustimmen, sagte ein Sprecher. Der Ausschuss soll unter anderem ein Versagen der Sicherheitsbehörden bei der Verfolgung der Terrorzelle und der Aufklärung ihrer Straftaten - darunter zehn Morde und mehrere Banküberfälle - untersuchen. Einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" zufolge könnte der Ausschuss um Ostern herum seine Arbeit aufnehmen. Es sei zu erwarten, dass auch die Koalitionsparteien der Einsetzung des Ausschusses zustimmten. Die Linkspartei ist ohnehin dafür.

Neue Erkenntnisse über die Zwickauer Terrorzelle liefert auch eine umfassende Aussage ihres mutmaßlichen Helfers Holger G.: Der Inhaftierte gab Ermittlern gegenüber an, Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos bis Mai 2011 unterstützt zu haben, wie der "Spiegel" berichtet. Er belastete dabei den früheren NPD-Funktionär Ralf Wohlleben schwer. Vor rund zehn Jahren habe er dem Trio auf Anweisung Wohllebens einen Reisepass und eine Pistole verschafft. Nach dem Abtauchen der drei im Jahr 1998 habe ihn der inzwischen ebenfalls inhaftierte Wohlleben um Geld für die Flüchtigen gebeten, worauf G. ihm 3000 D-Mark ausgehändigt haben will.