An einer prägnanten Stelle in Stuttgart-Heumaden ist ein Baum aus einem privaten Garten entfernt worden, eine Anwohnerin glaubt an Frevel. Was ist eigentlich erlaubt?

Der Trupp hat ganze Arbeit geleistet. Schon am frühen Nachmittag ist der Vorgarten in Alt-Heumaden nicht wiederzuerkennen. Kettensägen und anderes Gerät zeugen davon, dass hier gerodet wurde. Der aus dem Erdreich gelöst Wurzelstock eines Baums steht auf dem Gehsteig, geschnittenes Stamm- und Ast-Holz türmt sich im Garten neben dem Alten Rathaus.

 

Eine Heumadenerin ist indes empört. „So was habe ich noch nicht gesehen, dass um die Jahreszeit derart Tabula rasa gemacht wird“, sagt sie im Gespräch mit unserer Zeitung. Sie glaubt an einen „massiven Verstoß gegen geltendes Recht“.

Ist das so? Nach dem Bundesnaturschutzgesetz gilt in der Tat ein Fällungs- und Entfernungsverbot für Bäume und Gehölze zwischen dem 1. März und dem 30. September, bestätigt Martin Thronberens, ein Verwaltungssprecher. Fällungen und radikale, kronenverändernde Eingriffe in Bäume seien in dieser Zeit nicht erlaubt, erklärt er.

Diese Regeln gelten im Hausgarten

Allerdings: Das Verbot gelte nicht, wenn sich der Baum auf einer gärtnerisch genutzten Grundfläche befinde. „Im vorliegenden Fall wäre eine Fällung im Hausgarten also prinzipiell ganzjährig zulässig“, sagt er. Unabhängig von der Saison-Regelung müsse allerdings vor Eingriffen in Bäume und Gehölze stets sichergestellt werden, dass keine Tiere geschützter Arten, etwa heimische Vögel oder Fledermäuse, verletzt oder getötet beziehungsweise dass deren Brut- oder Wohnplätze nicht vernichtet werden. „Hier gelten die sogenannten Beeinträchtigungs- und Tötungsverbote“, sagt Martin Thronberens.

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Nicht nur der Anwohnerin missfällt es, wenn Bäume verschwinden. Viele Menschen sind bei dem Thema sensibel, und auch die SPD-Fraktion im Bezirksbeirat hat jüngst beantragt, dass die Stuttgarter Baumschutzsatzung auf Sillenbuch angewendet werden soll. Mittlerweile ist klar, dass das tatsächlich vorgesehen ist, bislang gilt die Satzung aber nur in den inneren Stadtbezirken und teils in Bad Cannstatt und verbietet, „geschützte Bäume zu beseitigen, zu zerstören oder zu beschädigen. Verboten sind Eingriffe, die die typische Erscheinungsform der Bäume wesentlich verändern oder die Bäume in ihrem Bestand oder das weitere Wachstum der Bäume beeinträchtigen können“.

Wann man fürs Fällen eine Befreiung braucht

Geschützt sind unter anderem Bäume ab einen Stammumfang von 80 Zentimetern. Fürs Entfernen ist dann eine Befreiung notwendig. „Wer einen Baum fällt, kann das ohne triftigen Grund tun“, hatte das Ratsmitglied Ulrich Storz an der aktuellen Situation in Sillenbuch bemängelt.

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Der Eigentümer des Grundstücks in Alt-Heumaden beteuert indes: Der gefällte Baum sei kaputt gewesen und habe kein Laub getragen. Robert Breier heißt der Mann, ehemaliger Riedenberger und ehemaliges stellvertretendes Mitglied im Bezirksbeirat. Er lebt mittlerweile in Hoffeld und hat das kleine renovierungsbedürftige Haus, zu dem der fragliche Garten gehört, für seine Mutter gekauft. Der Baum sei nicht mehr lebensfähig gewesen, drumherum habe nur Gestrüpp gestanden.

Auf der Fläche werde ein Parkplatz mit Rasengittersteinen entstehen, aber auch neue Vegetation. „Da gehört was Schönes rein. Wir wollen schöne, gesunde Bäume pflanzen“, betont er. Er wisse aus beruflicher Erfahrung durchaus, was beim Fällen zu beachten sei, und er habe Baum und Gebüsch vor der Rodung auf Tiere und Nistplätze untersuchen lassen, „definitiv, das haben die Leute gemacht“.