Der Stuttgarter Oberbürgermeister hat eine Chance liegen lassen, ein Zeichen für ein weltoffenes und liberales Stuttgart zu setzen. Eine Gemeinderatsmehrheit hat das an seiner Stelle getan, kommentiert Lokalchef Jan Sellner.

Stadtleben/Stadtkultur: Jan Sellner (jse)

Stuttgart - Da hat sich der OB sauber verdribbelt. Während Nachbarstädte wie Esslingen und Göppingen souverän dem Beispiel des EM-Austragungsorts München folgen und die Regenbogen-Fahne als Zeichen gegen Homophobie und sexuelle Diskriminierung hissen, stellt sich Frank Nopper mit seiner Weigerung, das Rathaus zu beflaggen, blindlings ins Abseits. Er will lieber den jährlichen Cristopher-Street-Day-Empfang im Juli nutzen, um eine Protestnote in Richtung Ungarn zu adressieren, das mit seinem Gesetzespaket gegen Homosexualität die europäische Wertegemeinschaft herausfordert. Das ist dann mindestens drei Wochen zu spät. „Es gibt Momente, da sollten Städte Flagge zeigen, heute ist so einer“, heißt es völlig richtig in einer Resolution der Gemeinderatsmehrheit vom Mittwochabend, die vor dem Ungarn-Spiel damit ein wichtiges Signal für ein weltoffenes und liberales Stuttgart gesetzt hat, das der OB seinerseits scheute. Sein Argument, es wäre falsch die Spieler mit einer politischen Botschaft zu empfangen, verkennt, dass sportliche Großereignisse nicht in einem politischen Vakuum stattfinden.