Die Fernsehzuschauer bekamen von dem Flitzer mit Regenbogenfahne am Montagabend kaum etwas mit. Tom Bartels hatte dafür kein Verständnis – und übte deutliche Kritik an der Bildregie.

Sport: David Scheu (dsc)

Kurze Aufregung im Iconic Stadion von Lusail: Zu Beginn der zweiten Hälfte wurde das WM-Spiel zwischen Portugal und Uruguay am Montagabend für etwa eine Minute unterbrochen, da ein Flitzer über das Feld gerannt war.

 

Der Mann hatte gleich mehrere politische Botschaften: Er trug eine Regenbogenfahne – ein Symbol für Vielfalt und Toleranz – sowie ein T-Shirt mit den Schriftzügen „Save Ukraine“ und „Respect for Iranian Women“. Die Fahne ließ er schnell fallen, wenig später stoppten ihn dann die Ordner.

Die Bildregie blendet weg – an sich seit Längerem ein übliches Vorgehen

Die Fernsehzuschauer allerdings bekamen von all dem kaum etwas mit: Nachdem der Mann auf den Rasen gerannt war, blendete die Bildregie weg und zeigte stattdessen Spieler oder Zuschauer in Großaufnahmen. Bei ARD-Kommentator Tom Bartels sorgte dieses Vorgehen für Unmut: „Hat man das wirklich nötig, das wegzuschneiden? Das ist für mich eigentlich auch einfach lächerlich“, kritisierte der 57-Jährige.

Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass solche Flitzer generell schon seit Längerem nicht mehr im Bild gezeigt werden – um ihnen während des laufenden Spiels keine Bühne zu geben. Um ein Spezifikum der viel kritisierten WM in Katar handelte es sich also nicht.

Tom Bartels: „Das wirkt geradezu grotesk“

Das räumte auch Bartels ein – betonte aber zugleich, dass aus seiner Sicht angesichts der vielen Diskussionen um Menschenrechte im Vorfeld des Turniers eine Abweichung von dieser Norm angemessen gewesen wäre. „Lass ihn dieses Zeichen setzen. Jeder weiß doch, dass etwas passiert ist. Es wirkt geradezu grotesk, wenn das dann von der Regie nicht gezeigt wird“, sagte der ARD-Kommentator – und übte abschließend deutliche Kritik am Weltverband: „Das ist dann Zensur. Und das hat die Fifa nicht nötig.“

Die Kommentatoren sitzen bei den Spielen der WM zwar live im Stadion, haben auf die Bildauswahl der Weltregie aber keinen Einfluss. Diese wird wechselweise von den nationalen Sendeanstalten übernommen.

Wie es mit dem Mann nach seinem Plädoyer für Toleranz nun weitergeht, war vorerst offen. Homosexualität steht im WM-Gastgeberland Katar unter Strafe und kann mit bis zu sieben Jahren Haft belegt werden. Vonseiten der Spieler gab es Zuspruch: „Ich hoffe, dass dem Jungen nichts passiert“, sagte Portugals Spieler Ruben Neves und betonte: „Wir alle haben seine Botschaft verstanden, die ganze Welt.“