Wirtschaftsminister Gabriel hält die entscheidenden Fragen für gelöst. Die CSU pocht noch auf Änderungen. Baden-Württemberg hat Bedenken, trägt das Vorhaben aber mit.

Berlin - Bund und Länder haben sich nach den Worten von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) auf die nächste Ökostromreform verständigt. Gabriel sagte in Berlin, Bund und Länder seien sich in wesentlichen Punkten einig. Allerdings besteht Bayern noch auf einer stärkeren Förderung der Biomasse, was die Bundesregierung bisher ablehnt.

 

Gabriel will bereits in der nächsten Woche den Gesetzentwurf zum Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2016 ins Kabinett bringen. Kleinere Änderungen seien dann im parlamentarischen Verfahren möglich, so Gabriel. Wie angespannt das Verhältnis in der großen Koalition ist, zeigt sich daran, dass Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) die Verhandlungen im Kanzleramt über die EEG-Reform am Dienstagabend vorzeitig verlassen hat.

Bedenken hat zwar auch die baden-württembergische Landesregierung, sie trägt den Kompromiss aber mit. Für die Energiewende und den Klimaschutz seien die ausgehandelten Ergebnisse kein Fortschritt, sagte Umweltminister Franz Untersteller (Grüne). Mit der angepeilten Reform werde aber immerhin das Schlimmste verhindert. Untersteller sagte, nach der Bundestagswahl 2017 müsse es ein neues EEG geben.

Politik will Preise nicht mehr festlegen

Mit der Novelle des EEG soll die Ökostromförderung bis 2019 umgestellt werden. „Wir wollen davon wegkommen, dass die Politik die Strompreise für erneuerbare Energien festlegt“, sagte Gabriel. In den Anfangsjahren hätten sich die erneuerbaren Energien in einer Nische befunden, weshalb eine besondere Förderung notwendig gewesen sei. Inzwischen müsse der Ökostrom aber an den Markt herangeführt werden. In Zukunft sollen sich Anbieter erneuerbarer Energien um die Förderung bewerben. Die Stromanbieter sollen sich an Ausschreibungen beteiligen. Der Produzent mit dem günstigsten Angebot erhält den Zuschlag.

Gabriel machte deutlich, dass in der Fotovoltaik kleinere Dachanlagen auch in Zukunft von Ausschreibungen ausgenommen würden. Neben Freiflächen müssen sich Fotovoltaik-Anlagen ab 750 Kilowatt an Ausschreibungen beteiligen. Ursprünglich war hier eine Grenze von einem Megawatt vorgesehen. Jährlich sollen 600 Megawatt ausgeschrieben werden.

Als wichtiges Ziel der EEG-Reform sieht Gabriel an, dass der Ausbau der Ökostromproduktion an die Stromnetze gekoppelt wird. In der Vergangenheit sei es darum gegangen, möglichst viel Ökostrom herzustellen. Inzwischen bestehe Einigkeit, dass die erneuerbaren Energien mit dem Netzausbau verzahnt werden müssten. Ein zunehmendes Problem besteht aus Sicht der Regierung darin, dass in Norddeutschland zwar viel Ökostrom produziert wird, aber Übertragungsleitungen für den Abtransport fehlten.

Weil der Ausbau der Windkraft an Land deutlich schneller vorangeschritten sei, wollen Bund und Länder den Ausbau drosseln. Das ist ein Kernelement der nächsten EEG-Reform. Die Grünen teilen die Analyse der Bundesregierung nicht. Für Netzengpässe sei nicht der Windstrom verantwortlich, sondern der Kohle- und Atomstrom, sagen die Grünen, die auch darauf hinweisen, dass Windstrom sehr günstig sei. „Es ist absurd, die Netze für Braunkohlestrom frei zu halten, indem die Erneuerbaren gebremst werden“, sagte Landesumweltminister Untersteller. Gabriel entgegnete dem, es sei mit Blick auf die Arbeitsplätze nicht möglich, die Kapazitäten in der Braunkohle schneller zurückzufahren.

Ausbau von Windkraft wird gebremst

Beim Windstrom an Land verständigten sich Bund und Länder darauf, dass jährlich 2800 Megawatt Leistung neu gebaut werden dürfen. Mit der EEG-Reform 2014 wurde eine Deckelung von 2500 Megawatt angepeilt. Diese Zielmarke ist überschritten worden. Deshalb will die Regierung den Ausbau von Windstrom drosseln. Anders als heute soll es künftig keine Sonderbehandlung für den Fall geben, dass alte Anlagen durch neue ersetzt werden. Bisher wurden Modernisierung und Ersatz von Anlagen nicht auf die Obergrenze angerechnet. Künftig wird Modernisierung und Ersatz auf die Höchstmenge bezogen. Dadurch sieht die baden-württembergische Landesregierung die Gefahr, dass die Dynamik beim Windenergieausbau gestoppt wird.

Bund und Länder verständigten sich bei der Windkraft an Land auch auf eine Kostenbremse. Da mit den Ausschreibungen erst 2019 begonnen wird, sieht das Bundeswirtschaftsministerium die Gefahr, dass es zu Vorzieheffekten kommt. Die Betreiber von Windstromanlagen könnten versuchen, vor dem Start der Ausschreibung viele Kapazitäten nach dem alten Recht zu errichten. Um das zu verhindern, soll die Förderung von Windstrom an Land vom 1. Juni 2017 an um fünf Prozent gesenkt werden. Darüber hinaus sind weitere Kürzungen vorgesehen, wenn das angepeilte Mengenziel von 2800 Megawatt überschritten wird. In diesem Fall soll es vierteljährlich zu einer weiteren Kürzung der Förderung von 2,4 Prozent kommen. Die Länder befürchten, dass sich die Rentabilität von Windanlagen stark vermindert.

Gabriel will bei der Biomasse an einer geringeren Förderung festhalten. Bei Ausschreibungen sollen 100 Megawatt gefördert werden. Das hält Bayern für zu wenig. Gabriel deutete an, dass es am Ende einen Kompromiss mit der CSU geben werde.