Die möglichen Ampelkoalitionäre gönnen sich zum Start eine pathosgeladene Sprache. Das ist durchaus angemessen. Die neue Regierung muss einen Epochenbruch politisch gestalten, kommentiert Norbert Wallet.

Berlin - Du liebe Zeit, dieses ganze Pathos! Das muss man erst mal verdauen. Fortschritt, Aufbruch, Modernisierung, Neustart, Hoffnung und Entfesselung. Die Unterhändler der möglichen Ampelkoalition griffen gestern ins allerhöchste rhetorische Regal, um den theoretischen Überbau für das neuartige Regierungsbündnis zu liefern, das sich nun sehr konkret anbahnt. Ist das alles nur eine übertriebene Polit-Inszenierung? Vielleicht doch nicht. Nach all den langen Jahren des knochentrockenen Pragmatismus’ der Merkel-Ära, die ein Politikverständnis eingeschliffen haben, nach dem Regierungen nur dazu da sind, in buchhalterischer Nüchternheit die Probleme und Krisen des Alltags abzuarbeiten und ganz einfach den Laden irgendwie am Laufen zu halten, tut es gut, wenn die Aspiranten auf eine neue Koalition lange Linien aufzeigen und Politik mit Emotionen und Perspektiven aufladen. Auch wenn man sich in diesen Sound erst einmal einhören muss.