Es sind nur wenige Tage bis zu wichtigen Regionalwahlen in Italien. Da trifft der Chef der Fünf-Sterne-Bewegung, Luigi Di Maio, eine Entscheidung. Das dürfte die Krise der Regierungskoalition in Rom verschärfen. Oppositionsführer Matteo Salvini reibt sich die Hände.

Rom - Seit 2017 steht Luigi Di Maio an der Spitze der Fünf-Sterne-Bewegung, und leitet damit die Regierungspartei mit den meisten Abgeordneten. Wie die Wähler laufen ihm aber auch die Abgeordneten zunehmend davon. Nun zieht der 33-Jährige die Reißleine.

 

Wie überraschend ist die Rücktritts-Ankündigung von Luigi Di Maio?

Die italienischen Tageszeitungen verkündeten es am Mittwochmorgen: Luigi Di Maio wolle von seinem Amt als Parteichef der Fünf-Sterne-Bewegung zurücktreten. Am Vormittag rief Di Maio die Minister der Bewegung zusammen, um sich mit ihnen zu besprechen. Danach schien alles klar. Offiziell äußern wollte sich Di Maio erst am Mittwochabend. Schon länger war über einen Rückzug Di Maios spekuliert worden. Innerhalb der Bewegung stand der 33-Jährige in den vergangenen Monaten immer einsamer und isolierter da. Di Maio ist seit 2013 Parlamentsabgeordneter, seit 2017 steht er an der Spitze der Fünf-Sterne-Bewegung.

Wie steht es um die einstige Prostest-Bewegung?

Die Sterne befinden sich in einer tiefen Krise. Aus den nationalen Wahlen im Frühjahr 2018 war die populistische Bewegung mit mehr als 32 Prozent der Wählerstimmen als Sieger hervorgegangen. Nach langen Verhandlungen trat sie in eine Regierungskoalition mit der rechten Lega von Matteo Salvini ein. Nachdem dieser die Zusammenarbeit im August vergangenen Jahres abrupt beendete, wechselten die Sterne die politische Seite und koalieren seit September mit dem sozialdemokratischen Partito Democratico. Rein zahlenmäßig ist die Bewegung noch immer die stärkste Kraft in der Regierung, doch ihre Umfragewerte sinken, sie liegen derzeit bei nur noch 15 Prozent. Das politische Hin und Her hat nicht nur viele Wähler desillusioniert: 31 Abgeordnete haben seit Beginn der Legislaturperiode die Bewegung verlassen und sich im Parlament anderen Fraktionen angeschlossen. Zwei davon haben den Sternen erst an diesem Dienstag den Rücken gekehrt.

Was bedeutet ein Rücktritt Di Maios für die Regierung in Italien?

Aus Kreisen der Fünf-Sterne-Bewegung hieß es am Mittwoch, Luigi Di Maio werde nur vom Amt des Parteichefs zurücktreten. Außenminister Italiens werde er bleiben. Der parteilose Ministerpräsident Giuseppe Conte sagte am Mittwochmittag, als der Rücktritt noch nicht offiziell verkündet war, er würde eine solche Entscheidung Di Maios respektieren, „auch wenn es mir persönlich leidtun würde“. Aus der Opposition sind die Töne kritischer. Di Maio erinnere ihn an Francesco Schettino, den Kapitän des gesunkenen Kreuzfahrtschiffes Costa Concordia, so Giorgio Mulè von der Forza Italia. „Er verlässt das Schiff, während es untergeht. Er läuft wenige Tage vor den Regionalwahlen davon, bei denen die einzige Sicherheit die ist, dass die Fünf Sterne verlieren werden.“

Am Sonntag stehen in Italien Regionalwahlen an, die Bürger der Emilia-Romagna und von Kalabrien werden an die Urnen gerufen. Warum sind diese Wahlen auch für die Regierung in Rom wichtig?

Der frühere Regierungspartner der Sterne und heutige Oppositionsführer Matteo Salvini prophezeit seit Monaten das Ende der Regierung, sollte seine rechte Lega auch in der traditionell linken Region Emilia-Romagna die Nase vorn haben. Die Lega liegt seit langem in den nationalen Umfragen eindeutig vorne, Salvini bereitet sich akribisch auf eventuelle Neuwahlen vor. Aktuell würden rund 30 Prozent der Italiener seine Lega wählen, zusammen mit anderen rechten Parteien könnte Salvini eine vorgezogene Wahl gewinnen. Ministerpräsident Conte versucht, Schaden von seiner Regierung fernzuhalten. „Zu sagen, dass die Regionalwahlen eine Abstimmung über die Regierung sind, ist ein Fehler“, sagte er am Mittwoch. Er glaube nicht, dass die Wahlergebnisse vom kommenden Sonntag die Regierung in Rom ins Wanken bringen könnten. Dabei ist die Koalition ohnehin schon bei mehreren Themen heillos zerstritten.

Wer wird künftig die Fünf-Sterne-Bewegung leiten?

Nach monatelangem Gemauschel dürfte bei den Sternen nun endgültig der Machtkampf ausbrechen. Mitte März will die Bewegung sich bei einem Parteitag neue Strukturen und eine neue Agenda verpassen. Bis dahin wird wohl – so sehen es die aktuellen Statuten vor – Vito Crimi, der Älteste im so genannten „comitato di garanzia“, einer Art Aufsichtsrat der Sterne, den Vorsitz übernehmen. Der neue Parteichef soll dann über die Online-Plattform Rousseau von den Mitgliedern der Fünf-Sterne-Bewegung bestimmt werden.