Seit dem Beschluss über neue Standorte in der Regionalversammlung ist ein knappes halbes Jahr vergangen – konkrete Planungen gibt es nun für etwa zehn von 41 möglichen Standorten. Fast alle liegen im Wald.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Vor einem knappen halben Jahr hat der Verband Region Stuttgart (VRS) 41 Standorte für Windkrafträder ausgewiesen – seither wird aber nur an einem Standort gebaut und an etwa neun weiteren konkret geplant. Ein Run auf diese Flächen ist also nicht zu beobachten. Diese Flächen liegen – abgesehen von dem Großprojekt Lauterstein im Kreis Göppingen – überwiegend im Rems-Murr-Kreis und dort wiederum schwerpunktmäßig auf dem Schurwald.

 

Genau lässt sich die Zahl der geplanten Windkraftanlagen nicht benennen, weil keine Behörde den vollständigen Überblick hat; die folgende Auflistung erhebt deshalb nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Klar ist, dass seit September vergangenen Jahres bei Lauterstein im äußersten Osten des Landkreises Göppingen 16 Windräder gebaut werden; sie gehen vermutlich noch in diesem Jahr in Betrieb. Daneben sind laut Ralf Heineken vom baden-württembergischen Umweltministerium sieben Windräder an vier Standorten in so fortgeschrittener Planung, dass die Anträge bereits zur Genehmigung bei den Behörden liegen. Nach deren Einverständnis darf gebaut werden. Darunter sind vier Anlagen, die die Stadtwerke Schorndorf, Fellbach und Tübingen bei Unterberken planen (im VRS-Jargon GP-03). Andere, so Heineken, lägen bei Murrhardt und Sulzbach; eine genauere Zuordnung sei ihm allerdings nicht möglich.

Der Rems-Murr-Kreis trägt derzeit die Hauptlast

Bekannt ist daneben, dass die Stadtwerke Stuttgart und Heidenheim gemeinsam mit dem Projektierer Windenergie Baden-Württemberg GmbH zwei Windräder bei Plüderhausen planen (WN-28). Der Antrag werde in den nächsten Wochen eingereicht, sagte Martin Bidell. Auch die EnBW haben in der Region Stuttgart drei Projekte in der Planung. Bei Winterbach („Goldboden“, WN-34) sollen drei Anlagen entstehen, bei Adelberg (GP-01) zwei Windräder und bei Oppenweiler ebenfalls zwei Anlagen. Laut EnBW-Sprecher Hans-Jörg Groscurth sind bei allen dreien die naturschutzfachlichen und technischen Gutachten fast abgeschlossen; in Winterbach werde eine Windmessung bald beginnen. Interessant ist, dass die Regionalversammlung den Standort bei Oppenweiler aber bereits gestrichen hat. Die EnBW plant dennoch weiter, da es sich bisher nur um einen „qualifizierten Zwischenbescheid“ handele. Es könne sich immer noch etwas ändern.

Auf Nachfrage teilte der Landesbetrieb ForstBW mit, dass er 2014 und 2015 insgesamt neun Pachtverträge für Windkraft in der Region Stuttgart abgeschlossen hat; vier davon beziehen sich auf Standorte, die oben noch nicht genannt sind. Es gibt also ein konkretes Interesse, auch auf den folgend Flächen zu bauen. Dies sind: Backnang-Zollstock (WN-12), Spiegelberg/Greut (WN-01), Amalienhöhe bei Aspach (WN-07) und Lichtenwald (ES-02).

An vielen Standorten muss spitz gerechnet werden

Insgesamt werden also derzeit 16 Windräder errichtet, weitere 16 Anlagen sind in fortgeschrittener Planung und könnten in den nächsten zwei bis drei Jahren verwirklicht werden; für weitere vier Standorte gibt es zumindest eine Bauoption. Außer Lauterstein liegen alle Flächen im Rems-Murr-Kreis oder zumindest an der Kreisgrenze. Vier der Standorte konzentrieren sich auf dem Schurwald. Umgekehrt kann man aber sagen, dass sich bei rund 24 von 41 Standorten (acht Flächen sind in der Vergangenheit bereits mit 27 Rädern bebaut worden, neun weitere sind hier aufgelistet worden) derzeit gar nichts tut.

Tatsächlich hört man bei Stadtwerken und Projektierern hinter vorgehaltener Hand, dass viele Flächen in der Region nicht sehr attraktiv seien. Der Wind bläst oft nur mittelmäßig stark, und wenn die Bundesregierung das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) erneut verändere, könnten gerade diese Standorte unwirtschaftlich werden. Zudem verlange ForstBW angeblich eine hohe Pacht; eine Abgabe in Höhe von fünf bis acht Prozent des Erlöses sei üblich, ForstBW wolle aber zehn und mehr Prozent, so hört man.

Ein lokalpatriotischen Bonus gibt es nirgendwo

Konkret nachgefragt bei den Stadtwerken Stuttgart und Schorndorf sowie bei den Remstalwerken heißt es dort unisono, dass derzeit kein Interesse an weiteren Windkraftstandorten in der Region bestehe. Ein Windpark im Norden Deutschlands ist da einfach sicherer. Auch die EnBW betont, dass es bei ihren Planungen keinen lokalpatriotischen Baden-Württemberg-Bonus gebe; wenn sich ein Projekt nicht rechne, werde es nicht verwirklicht, so Groscurth.

Etwas überraschend ist das Ergebnis, dass alle genannten Standorte im Wald liegen; nur der Standort Spiegelberg (WN-01) umfasst größere Freiflächen. Die Landesvorgabe, dass Windräder auch im Wald errichtet werden dürfen, hat sich also in der Region Stuttgart dahingehend zugespitzt, dass bisher jedenfalls nur noch im Wald gebaut wird. Allein für Lauterstein wurden sieben Hektar Wald gerodet. Die Bevorzugung des Waldes liege wohl an den Abstandsregeln zur nächsten Siedlung, meinen Experten; da blieben häufig nur noch Waldflächen übrig für die Windkraft.

Doch ein Verlust von Wald ist nicht immer zwingend. Beim Standort der Stadtwerke Stuttgart im Welzheimer Wald handelt es sich um ein altes Bundeswehrdepot. Wo Hallen abgerissen wurden, soll einmal aufgeforstet werden – als Ausgleich für die Bäume, die den beiden Windrädern weichen müssen.