IHK und Handelskammer erwarten bessere Zusammenarbeit – und sehen im Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn eine Integrationsfigur.

Stuttgart - Einen umfangreichen und gut gefüllten Forderungskatalog präsentierten Georg Fichtner und Rainer Reichhold, die Präsidenten der Industrie- und Handelskammer (IHK) und der Handwerkskammer Region Stuttgart, den künftigen Mitgliedern der Gemeinderäte, der Kreistage und der Regionalversammlung vor den Wahlen am 25. Mai. Von der Energiewende bis zur Kinderbetreuung, vom Fachkräftemangel bis zum Straßenbau reicht die Palette – und zu guter Letzt sollen die Kommunen, Kreise und die Region dies alles erfüllen, ohne dass Steuern erhöht und neue Schulden gemacht werden. Gewiss, man könne nicht Forderungen aufstellen und dann erklären, es dürfe nichts kosten, räumte Fichtner ein, „aber es gibt in den Etats Spielräume“. Die Kammern erwarteten, dass Priorität auf eine wirtschaftsfreundliche Politik gelegt werde.

 

Bei Energiewende, Fachkräftemangel und Bildungspolitik sind Bund und Land die Adressaten, insbesondere bei der Flächenpolitik nehmen die Kammern aber Kommunen, Kreise und Region ins Visier. „Die Region Stuttgart ist die stärkste Region Europas“, sagte Reichhold, „doch wir müssen etwas tun, damit es so bleibt.“ Eine gewisse Saturiertheit sei der „Todfeind der Region“. In diesem Zusammenhang priesen die Präsidenten die Idee einer besseren regionalen Zusammenarbeit, die vor 20 Jahren zur Gründung des Verbands Region Stuttgart führte. Sie sei auch heute richtig und funktioniere im öffentlichen Nahverkehr, im Tourismusmarketing und in der Wirtschaftsförderung auch gut. Allerdings müsse die Zusammenarbeit zwischen der Region, den Kreisen und Kommunen noch enger werden. „Es reicht nicht, wenn alle an einem Strang ziehen, es muss auch in die gleiche Richtung sein“, sagte Fichtner.

Der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn, der für die Grünen für die Regionalversammlung kandidiert, könne „eine Integrations- und Führungsfigur“ in der Region werden und in dem Dialog zwischen dem Verband, den Kreisen und Kommunen eine wichtige Rolle spielen und die Belange der gesamten Region voranbringen. „Er tut das schon, und wir werden ihn darin weiter unterstützen“, sagte Fichtner.

Neue Flächen für Industrie und Logistik gefordert

Die beiden Präsidenten erhoffen sich von der Region, den Kreisen und den Kommunen nach dem Wahltag eine klares Bekenntnis dazu, dass der Ballungsraum ein Industrieort sei. Wer dies bejahe, müsse sich für mehr Flächen für Gewerbe und Wohnen, für eine gute Infrastruktur und eine Willkommenskultur gegenüber zuwandernden Fachkräften aus dem In- und Ausland einsetzen, sagten sie. Vor allem der Ausweisung neuer Flächen für die Industrie und für die Logistik komme eine entscheidende Bedeutung zu. „Im Regionalplan sind solche Flächen ausgewiesen, aber die Gemeinden setzen das nicht um“, klagten Fichtner und Reichhold. Vor Ort würden oft nur die negativen Auswirkungen – wie mehr Verkehr – gesehen. „Das muss sich ändern“, forderte Fichtner, „wir brauchen hier Kompromisse mit dem Blick auf die gesamte Region.“ Die Wirtschaft setzt aber auf Appelle, weiter gehende Kompetenzen der Region seien da kontraproduktiv, sagten die Präsidenten.

Insgesamt reichen nach Ansicht der Kammern die vorhandenen Flächenreserven bei Weitem nicht aus, um den Bedarf der nächsten Jahre zu decken. In den Blick müssten auch innerstädtische Flächen genommen werden, auf denen Wohnen und Arbeiten möglich sei, so Reichhold. „Es kann nicht sein, dass eine Bäckerei oder andere Dienstleistungen immer in ein Gewerbegebiet müssen“, sagte er.

Angesichts des Bedarfs an neuen Fachkräften fordern die Kammern auch zusätzliche Anstrengungen der Kommunen im Wohnungsbau. Eingriffe wie eine Mietpreisbremse lehnen sie aber ab, „Wohnungsnot löst man nur durch Bauen“, meinte Reichhold. Unzufrieden sind die Präsidenten damit, dass keine neuen Straßen gebaut würden – dazu zählen sie eine neue Neckarbrücke bei Remseck-Aldingen und die Filderauffahrt von der B 10 im Neckartal zur A 8 auf den Fildern.

Die Kammern bringen auch eine neue Werbekampagne ins Gespräch, die zeigen solle, wie lebenswert die Region sei. Das Motto ist für Reichhold klar: „Wir sind wohlhabend und sexy.“