Ob Murr-, Rems- oder Filstalbahn: Die Klagen der Fahrgäste reißen nicht ab. Mal ist der Zug nur halb so groß wie benötig, mal hapert es an der Pünktlichkeit – oder er fährt überhaupt nicht. Selbst der Verkehrsminister ermahnt den Betreiber Go-Ahead.

Stuttgart - Wie Viehtransport“ – so hieß es jüngst in den sozialen Medien zur Situation in den Regionalzügen auf der Filstalbahn. Die Kritik an derart artfremder Haltung von Fahrgästen in den Regionalbahnen trifft vor allem den im Dezember des vergangenen Jahres auf jener Strecke und auch auf der Murrbahn neu eingestiegenen Betreiber Go-Ahead. Viel zu kurze Züge mit nur einem Bruchteil der Kapazitäten, die eigentlich vom Land vertraglich bestellt, bezahlt und vor allem in den Stoßzeiten auch dringend nötig seien. In dieses Klagelied stimmen auch diejenigen ein, die täglich auf der Rems- und der Murrbahn gen Stuttgart pendeln. Der oft dazugehörige Zusatz: „Wenn überhaupt ein Zug fährt.“

 

Auf der Remsbahn ist Go-Ahead gleich mit zwei Linien am Start: Der RB 13, der Regionalbahn zwischen Stuttgart und Aalen,sowie dem IRE 1, dem Interregio-Express zwischen Karlsruhe und Aalen, der allerdings bis Ende Januar nur bis Schwäbisch Gmünd fährt. Von einem „ruppigen Start“ hat das Verkehrsministerium schon Mitte Juni gesprochen, als just am ersten Tag vier Züge ausfielen und die tatsächlich fahrenden Bahnen teils mehr als 40 Minuten Verspätung aufwiesen.

Zu wenig Züge und Mangel an Personal

Es folgten über die Monate massive Beschwerden über ausfallende Fahrten, gravierende Verspätungen und deutlich zu kleine Kapazitäten, die vom Betreiber damit begründet wurden, dass nicht alle beim Hersteller Stadler bestellten Züge des Typs Flirt rechtzeitig geliefert worden seien. Dazu kamen Engpässe beim Personal, vor allem bei den Lokführern.

Nicht immer allerdings trug Go-Ahead die Schuld am Chaos an den Bahnsteigen. Neben Stellwerksausfall in Waiblingen gab es auch regelrecht skurrile Situationen, wie diejenige, als ein Flirtzug im Waiblinger Bahnhof partout die Türen nicht öffnete. Kein Reisender konnte aus-, niemand einsteigen. Der Grund dafür, dass die RB 90 an jenem Dezembertag unverrichteter Dinge gen Schorndorf weiterfuhr: Anstelle auf Gleis sechs war der Zug auf Gleis fünf gelotst worden. Dessen Bahnsteighöhe ist nicht mit den Flirtzügen kompatibel.

Auch dieser Tage berichten Bahnfahrer auf der Remsstrecke vom alten Leid im neuen Jahr. Zu kurze Züge ist die Hauptbeschwerde – „wir stehen hier echt wie die Ölsardinen“, schreibt jemand auf Facebook. Bahnnutzer berichten, anstelle der laut Ministerium bestellten Kapazität von 544 Sitzplätzen (zwei fünfteilige Flirtzüge) seien in einigen Fällen auch Anfang Januar bei den Frühzügen in Richtung Stuttgart nur einfache Dreiteiler (164 Plätze) unterwegs gewesen.

Auf der Murrbahn fahren Subunternehmen mit alten Zügen

Auch auf der Murrbahn stand der Start von Go-Ahead, die dort seit Mitte Dezember den Regionalexpress zwischen Stuttgart und Nürnberg bedient, unter einem schlechten Stern. Weil hier die neuen Flirtzüge noch nicht zur Verfügung standen und das Personal fehlte, fahren bis März drei Subunternehmen mit Wagen, die von 1959 bis 1980 produziert wurden und unter anderem für schwer zu öffnende, mechanische Türen bekannt sind

Weil – bei aller Eisenbahnromantik in den nostalgischen Gefährten – auch dort die Klagen über drangvolle Enge nicht abreißen, hat der Backnanger Landtagsabgeordnete Gernot Gruber die Liste der Züge publik gemacht, die laut Vertrag mit dem Land in sogenannter Doppeltraktion, sprich mit zwei gekoppelten Zügen, fahren müssen. „Dann kann jeder leicht selbst kontrollieren, ob die neuen Züge wie bestellt fahren“ – vor allem dann natürlich, wenn ab März auch auf der Murrstrecke tatsächlich die neuen Flirtzüge unterwegs sind.

Ministerium: „Bahnsteige lassen keine längeren Züge zu.“

Im Übrigen, so hat eine kleine Anfrage im Landtag ergeben, ist das Ministerium davon überzeugt, dass die bestellten Kapazitäten auf der Murrbahn ausreichten. „Deutlich überfüllte Züge treten im Regelfall nur auf, wenn vorausgehende Zugfahrten ausfallen“, betont der zuständige Ministerialdirektor Uwe Lahl. Der Hoffnung, zur Not drei der Flirtzüge aneinander zu hängen, macht er aber schnell ein Ende: „Nein, die Bahnsteiglängen lassen keine längeren Züge zu.“

Auf die Klagen aus Fils-, Rems- und Murrtal hat inzwischen auch Verkehrsminister Winfried Hermann reagiert und von der Go-Ahead-Geschäftsführung rasche Lösungen bei Kapazitäts- und Qualitätsproblemen auf den von ihr verantworteten Strecken gefordert. Vor allem in den Stoßzeiten müssten die bestellten Kapazitäten auch zur Verfügung gestellt werden. Hermann: „Go-Ahead erfüllt die vorgegebenen Kapazitätsanforderungen vielfach nicht. Wir beobachten das genau.“