Die Kliniken Schmieder haben in Gerlingen einen Neubau errichtet. Die Investition in Höhe von rund 40 Millionen Euro stärkt den Klinikstandort auf der Schillerhöhe in einer Zeit, in der er mit dem vorzeitigen Aus der Klinik Schillerhöhe konfrontiert ist.

Gerlingen - Der Flur ist weit und hell, im Aufenthaltsbereich sitzen die Patienten – mal mehr, mal weniger wach – zusammen. Hinter der Zimmertür indes, wenige Schritte entfernt, ist die Atmosphäre geprägt von Intensivmedizin, von Apparaten, Schläuchen, Monitoren, die um das Patientenbett gruppiert sind. Ein neues Gebäude der Kliniken Schmieder, Haus Bärensee, auf der Gerlinger Schillerhöhe ist wegen der Pandemie weitgehend still und leise seiner Bestimmung übergeben worden.

 

Was ist auf der Schillerhöhe entstanden?

Das vierstöckige Gebäude in U-Form befindet sich gegenüber des Bestandsgebäudes auf dem Klinikgelände. Daneben liegt der Eingang der Klinik Schillerhöhe, die heute zum Robert-Bosch-Krankenhaus gehört. Es ist Platz für rund hundert weitere Betten entstanden. Mit dem Neubau hat die Klinik insgesamt 228 Betten. In der Mehrzahl werden Menschen mit Schlaganfall versorgt, aber auch Krebspatienten oder Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma, mit Tumor oder inzwischen auch Post-Covid-Patienten – 2400 Patienten sollen dort fortan jährlich behandelt werden. Das sind 850 mehr als vor der Erweiterung. Rund hundert zusätzliche Arbeitsplätze wurden geschaffen, 400 Mitarbeiter sind es jetzt. Nach 2009 handelt es sich um die zweite Erweiterung des 1998 eröffneten Klinikstandorts. Die Kliniken Schmieder haben insgesamt sechs Standorte im Land, außerdem eine Satellitenstation im Stuttgarter Katharinenhospital. Insgesamt rund 40 Millionen Euro wurden investiert.

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Foto: Simon Granville
„Unsere Aufgabe ist: Zurück ins Leben!“ Mit diesen Worten umschreibt der ärztliche Leiter des Standorts, Rudolf van Schayck, die Herausforderung. Die Frührehabilitation benötige die Akutmedizin, dennoch werden die Patienten sobald als möglich aus ihren Zimmern in einen offenen Gemeinschaftsbereich gebracht. Dies bedeutet, dass medizinische Apparate auch im Aufenthaltsbereich angeschlossen werden können. Die Pfleger haben an ihrem zentralen Platz einerseits einen Blick auf den Gemeinschaftsbereich. Andererseits können sie über Monitore für jeden im Zimmer liegenden Patienten dessen Zustand verfolgen. Es ist ein Spagat zwischen Datenschutz und Transparenz, weiß van Schayck. Aber er ist froh darum, dass dieser gelungen ist. „Wir durften als Praktiker viel miteinbringen.“ Aus Sicht vor allem der Pfleger gehört auch der Einbau von Deckenliftern in allen Doppelzimmern dazu. Pfleger können darin einen Patienten umsetzen, ohne sein Gewicht tragen zu müssen.

War die Erweiterung umstritten?

„Mit dem Neubau können wir die Versorgungslücke in der Neurologischen Rehabilitation im Großraum Stuttgart schließen“, sagt Kliniken-Schmieder-Geschäftsführer Ulrich Sandholzer. Er war federführend am Bauprojekt beteiligt. Der Bedarf an mehr Rehaplätzen wurde auch im Gerlinger Gemeinderat nie in Abrede gestellt. Doch in die Freude über das Bekenntnis des Unternehmens zum Standort Gerlingen mischte sich deutliche Kritik an den ersten Planungen auf dem Areal, das direkt an Wald grenzt.

Zu Beginn des Projekts im Jahr 2014 war eine deutliche Rodung geplant – was auf Widerstand bei der Region stieß. Diese verwies auf die Landesplanung, wonach Wald im Verdichtungsraum als besonders schutzwürdig gilt. Die letztlich vier Jahre später, 2018, genehmigte Fläche ist wesentlich kleiner als das etwa 10 000 Quadratmeter große Areal, das ursprünglich hätte gerodet werden müssen. Das genehmigte Baufeld liegt innerhalb eines Gebiets, das im Flächennutzungsplan ohnehin bereits für eine Klinikerweiterung vorgesehen war.

Wandelt sich der Klinikstandort?

„Unser Konzept ist Kooperation“, sagt Geschäftsführer Ulrich Sandholzer. Mit dem vorzeitigen Wegzug der Klinik Schillerhöhe war zunächst die Basis zunichte gemacht: Plötzlich war die Schmieder-Klinik ohne Speiseversorgung, Müllentsorgung und Radiologie, als das Robert-Bosch-Krankenhaus das vorzeitige Aus für die Schillerhöhe verkündete. Die Lungenfachklinik sollte frühestens 2024 ins Robert-Bosch-Krankenhaus auf dem Burgholzhof integriert werden sollen. Nicht zuletzt wegen der coronabedingt neuen wirtschaftlichen Situation wurden die Umzugspläne vorgezogen. „Man würde sich wünschen, vorher davon zu erfahren“, sagt Ulrich Sandholzer. „Aber wir sind weit davon entfernt, Klage zu erheben.“ Im Zuge des Neubaus wäre manches anders geplant worden. Nachträglich musste ergänzt werden, neue Kooperationen mit Stuttgarter Kliniken werden gesucht.

Was sind die Pläne für die Schillerhöhe?

Die Stadt rechnet sich Chancen auf eine Beteiligung an der Internationalen Bauausstellung (IBA) 2027 ein. Im Zuge der Nachnutzung des Klinikstandorts Schillerhöhe könnten demnach die städtebaulichen Möglichkeiten auf dem Areal den IBA-Ansprüchen genügen. Entsprechende Überlegungen seien bei dem IBA-Intendanten Andreas Hofer auf positive Resonanz gestoßen, hatte die Stadtverwaltung Ende Juli mitgeteilt. Offen ist, wie das Gebäude der Klinik Schillerhöhe kurzfristig genutzt wird.