Vier Wochen lang bringen Fachleute der Firma Kärcher die Fassade der Johanneskirche in S-West auf Vordermann. Für Laien ist es ein Grund zum Staunen, für die Kirche Teil einer umfangreichen Sanierung.

Stuttgart - Die Sommersonne knallt oben auf der Johanneskirche noch heftiger als unten. Doch der Blick herab von Stuttgarts „kleiner Notre-Dame“ auf den Feuersee und seine Umgebung entschädigt für die Hitze. Diese Perspektive von dem historischen, neugotischen Bau aus ist einmalig. Möglich macht sie die Stadt Stuttgart, die Evangelische Kirche in Stuttgart und die Firma Kärcher. Das Reinigungsunternehmen hat am Montag dazu eingeladen, sich hoch oben auf der Johanneskirche ein Bild davon zu machen, wie man eine Kirchenfassade fachgerecht von biologischem Bewuchs und Verfärbungen befreit.

 

Auch in Stuttgart hat Kärcher schon historische Orte gereinigt

Denn Kärcher stattet nicht nur Privatleute und Firmen mit Reinigungsmaschinen aller Art aus, sondern macht sich auch regelmäßig daran, prestigeträchtige historische Objekte kostenlos zu säubern. Kultursponsoring nennt man das. Kärcher hat in diesem Rahmen schon einige namhafte Objekte in Angriff genommen, darunter die Kolonnaden des Petersplatzes in Rom, das Brandenburger Tor, die Christusstatue in Rio de Janeiro und die Präsidentenköpfe am Mount Rushmore in den USA. Auch in Stuttgart hat Kärcher schon das eine oder andere Objekt gereinigt: Die Affenfels-Anlage in der Wilhelma zum Beispiel, den Springbrunnen auf dem Schlossplatz und den Tempietto, einen kleinen Tempel im Park der Villa Reitzenstein. Und nun ist eben auch die Johanneskirche am Feuersee an der Reihe.

Für das Unternehmen ist das Kultursponsoring nicht nur eine geschickte Art, seinen Namen und seine Tätigkeit öffentlichkeitswirksam zu platzieren. Kärcher-Chef Hartmut Jenner erläuterte beim Ortstermin, dass derlei Aktionen auch innovatorischen Wert hätten. Weil kein historisches Objekt dem anderen gleicht, gewinnen die Fachleute immer auch neue Erkenntnisse. Die anwesenden geistlichen und staatlichen Vertreter – Stadtdekan Søren Schwesig, Johanneskirchen-Pfarrer Christoph Dinkel und Oberbürgermeister Frank Nopper – durften selbst Hand anlegen und sich mit einem Heißwasser-Hochdruckreiniger an zwei neogotischen Fialen, also aus Stein gemeißelten Türmchen, zu schaffen machen.

Reinigung ist Teil eines großen Sanierungsprojekts

Wie Projektleiter Thorsten Möwes erklärte, eignet sich die Dampfstufe besonders gut dafür, biologischen Bauwuchs wie Moose und Algen schonend zu reinigen. Schonend bedeutet: 95 Grad Hitze und mit maximalem Druck von 0,5 bis 1 Bar. Weil diese Behandlung tiefer sitzende Sporen vernichtet, verzögert sie auch die Wiederansiedlung der Vegetation. Das zweite Verfahren, das Möwes den staunenden Laien näherbrachte, nennt sich Niederdruck-Mikropartikelstrahlverfahren. Es dünnt schwarze Krusten und Mangan-Ablagerungen aus und ähnelt prinzipiell dem Sandstrahlverfahren, ist aber wesentlich sensibler. Vier Wochen werden Möwes und seine Mitarbeiter mit ihren Strahlern nun in der Sonne stehen und die Kirche auf Vordermann bringen.

Die Reinigung ist Teil eines großen Sanierungsprojekts, für das die Evangelische Kirche um die sechs Millionen Euro ausgibt. Die von Christian Friedrich von Leins entworfene Johanneskirche war der erste protestantische Kirchenneubau nach dem Mittelalter in Stuttgart und ist laut Pfarrer Christoph Dinkel beliebter denn je: Es gebe allein für Hochzeiten so viele Anfragen, dass drei Mal täglich in der Kirche geheiratet werden könnte.

Eine Mammutaufgabe

Für Stadtdekan Schwesig ist das Sanierungsprojekt eine Mammutaufgabe. Kirchen seien Schätze, aber eben auch Herausforderungen, sagte er. OB Nopper hat aber zumindest keinen Zweifel daran, dass die Herausforderung der Fassadenreinigung gelingt: Selbst Apostel Johannes würde das Vorhaben gutheißen.