Gerhard Bickel hat eine Ortschronik über Neckarrems geschrieben. In Australien und den USA verfolgte er Spuren von ausgewanderten Remsern.

Remseck - Gerhard Bickel ist Ortshistoriker aus Leidenschaft. Obwohl er seit Langem nicht mehr in Remseck, sondern in Schwaikheim im Rems-Murr-Kreis wohnt, schreibt er regelmäßig Bücher über seine Heimatstadt. Zuletzt erschien ein Band über das Schicksal von Soldaten aus Neckarrems im Ersten Weltkrieg. Jetzt gibt es eine große Ortschronik von ihm.
Herr Bickel, Ihre gut 500 Seiten lange Ortsgeschichte beginnt bei den Germanen und reicht bis zur Gemeindereform 1975. Wie kamen Sie auf die Idee für dieses Projekt?
Ich habe im Jahr 2010 schon einmal etwas Ähnliches gemacht, ein etwa 250 Seiten langes Heimatbuch für den Remser Heimatverein. Die brauchten eine Schrift für ihr Vereinsjubiläum. Dieses Buch habe ich dann im Laufe der Jahre immer weiter überarbeitet und recherchiert und jetzt sind es eben über 500 Seiten.
Auf Ihren Reisen durch die USA und Australien haben Sie Nachfahren ausgewanderter Remsecker besucht.
Ja, aber jetzt kommen die zu mir, ich bin mittlerweile bekannt. Dass ich die Ortschronik fertig schreibe, war auch ein Wunsch der Auswanderer. Das Problem ist nur, dass einige von ihnen gar nicht mehr der deutschen Sprache mächtig sind. Ich muss das Buch also ins Englische übersetzen. So gesehen: Ich habe noch Arbeit bis zu meinem 100. Geburtstag.
Was hat Sie bei den Recherchen zu Ihrem Buch am meisten überrascht?
Dass es Spuren von Remseckern überall gibt. Der Name Riethmüller beispielsweise ist in Queensland in Australien nicht selten, Parks, Straßen und Schulen tragen diesen Namen. Er kommt ursprünglich aus Neckarrems, von einem im 19. Jahrhundert ausgewanderten verarmten, ehemaligen Mühlenpächter. Einer der Nachkommen, Frank Riethmueller, wurde der bekannteste Rosenzüchter Australiens.
Ist die Chronik für Sie der Abschluss der Ortshistorie oder haben Sie noch andere Projekte ?
Gerade versuche ich, eine schwedische Polizeiakte zu übersetzen. Darin geht es um den Fall des Grafen Anton zu Innhausen und Knyphausen, der bis 1997 Schlossherr auf dem Schloss Remseck war, und seiner Frau Armgard Michelet. Da seine Familie Gegner der Nazis war und er vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt worden war, musste Graf Anton nach Finnland fliehen. Er hat seine norwegische Frau mit Sohn in Berlin sitzen lassen und reiste nach Finnland aus, wo er 1944 eine schwedisch-finnische Nachrichten-Korrespondentin heiratete. Dann reiste er nach Schweden ein und beantragte Asyl. Seine zurückgelassene Frau spionierte unterdessen für die Nazis. Eingefädelt hat das Graf Antons Jugendfreund Wolfram Sievers, der mittlerweile SS-Standartenführer war. Bis heute ist unklar, warum Graf Anton bis 1957 nicht nach Deutschland einreisen durfte. Aber das kriege ich auch noch raus.