Was macht den Reiz von selbst getöpferten Waren aus und was steckt alles dahinter, dass der Remstäler Töpfermarkt läuft? Organisator Hans Winkler erzählt, was ihn mit dem Töpferhandwerk verbindet und was in Urbach geboten ist.

Rems-Murr: Eva Schäfer (esc)

Wir haben Hans Winkler, Organisator des Remstäler Töpfermarktes in Urbach, gefragt, was diesen Markt ausmacht. Er findet am Wochenende, 29. und 30. April, statt.

 

Herr Winkler, was ist der Reiz von selbst getöpferten Waren?

Ein handgetöpferter Gegenstand oder ein Geschirr ist unübersehbar die Handschrift des Töpfers. Schließlich hat dieser mit beiden Händen das Gefäß von Hand „realisiert“. Die Arbeit, aus einem formlosen Klumpen Ton ein Gefäß herzustellen, ist nicht nur handwerkliche Technik. Vielmehr ist es ein unübersehbar schöpferischer Vorgang, da der Töpfer seiner Arbeit immer seinen ganz persönlichen Charakter verleiht. Man kann also sagen, Töpfer sind Schöpfer.

Wie kann sich das Handwerk gegen Industrieware behaupten?

Bei jedem getöpferten Gegenstand sieht man, dass er ein Unikat ist. Es gibt immer kleine Abweichungen, selbst wenn eine Töpferware in Serie hergestellt ist. Somit ist die Keramik ein Unikat. Kriterien wie Form und Funktion erfüllt natürlich die Arbeit des Töpfers ebenso wie die der Industrieware. Wem in seinem Leben individuelle Aspekte wichtig sind und wer sich mit wirklich persönlichen Gegenständen umgeben will, mit denen er sich identifizieren will und kann, die nicht an jeder Ecke erhältlich sind, wird mit den uniformen Gegenständen in hunderttausender Auflage der Industrie nicht wirklich glücklich sein. Solche Menschen ermöglichen den Töpfern und Kunsthandwerkern ihr Bestehen und kreative Weiterentwicklung.

Warum passt der Markt zu Urbach? Gab es jemals Überlegungen, den Töpfermarkt woanders zu veranstalten?

Bei Johannes Fuchs, der damals vor mehr als 30 Jahren Bürgermeister in Urbach war, habe ich mit meiner Idee, einen Töpfermarkt zu organisieren, offene Türen eingerannt. Das Umfeld des Urbacher Schlosses ist aus meiner Sicht wie gemacht für eine solche Veranstaltung. Das Gelände ist eben, hat Charme und eine besondere Atmosphäre durch den parkähnlichen Charakter. Wir haben uns gesucht und gefunden, wie man so schön sagt. Bei der Namenswahl der Veranstaltung wurde von mir als Veranstalter jedoch auch an nicht planbare Eventualitäten gedacht. Sollte es aus welchen Gründen auch immer nicht mehr möglich sein, den Markt in Urbach auszurichten, stellt zumindest die für seine Inhalte bekannte Veranstaltung namens Remstäler Töpfermarkt kein Hindernis dar, um in einer anderen interessierten und geeigneten Remstalgemeinde den Markt fortzuführen.

Wie schafft man es, dass Urbach seit vielen Jahren zum Mekka von Keramikliebhabern wurde?

Der Töpfermarkt hat ja viel kleiner angefangen. Damals im April 1991 waren es 30 Aussteller. Ich hatte den Markt mit Hilfe meiner zahlreichen Kontakte in der Branche mit einer Sonderausstellung mit Leihgaben des Hohenloher Freilandmuseums in Wackershofen ergänzt. Mir war es ein Anliegen, zu zeigen, welche kulturelle Bedeutung Keramik und Kunsthandwerk in der Geschichte haben. Es sind nämlich salopp gesagt, nicht irgendwelche Häfele, die da produziert werden. Gefäße aus Ton waren damals entscheidende Gefäße, um Lebensmittel gut aufzubewahren oder etwas ausgießen zu können. Wir Industriekinder, die wir gewohnt sind, dass Keramik und Glas jederzeit verfügbar ist, können uns das vielleicht schwer vorstellen. Zu dieser Zeit hatte ein Topf einen großen Wert, den gab es nur dort, wo es Tongruben und somit Töpfereien gab. Töpferware wurde auf Märkten verkauft, zu denen man mit dem Ochsenkarren über Land zog.

Wie ist Ihre persönliche Beziehung zum Töpferhandwerk?

Ich habe früher selbst eine Töpferwerkstatt betrieben. Damals gab es zwei, drei große Märkte, auf denen die Waren verkauft werden konnten. Ansonsten gab es nur noch die Porzellan-Fachgeschäfte, die auch Selbstgetöpfertes anboten. Die sehr wenigen noch vorhandenen Keramikwerkstätten bildeten immer mehr, aber sehr kreativen Nachwuchs aus, der seine eigenen Firmen gründete. In dieser Phase gab es nur eine Möglichkeit zu überleben: Auf neu zu gründenden Märkten die Waren anzubieten. Vielen Interessenten war zu dieser Zeit absolut neu, dass die Waren lebensmittelecht sind und man Getöpfertes tatsächlich im Alltag benutzen kann. In der Zeit, als die Grünenbewegung ihre Anfänge hatte, ist die Zahl der Töpfermärkte dann getrieben durch das Interesse und Nachfrage angestiegen. Inzwischen gibt es viele Töpfermärkte in Deutschland. Über die vielen Jahre habe ich die unterschiedliche Entwicklung in der Branche verfolgt.

Wie sieht Ihr Konzept für den Urbacher Markt aus?

Ich schütze und fördere die bestehende Attraktivität des Marktes, indem ausschließlich namhafte, hochkarätige Aussteller vertreten sind. Reine Händler, also Leute, die die Ware nur einkaufen und wieder verkaufen, sowie Hobbyisten sind vom Markt ausgeschlossen. Eine gute Kontaktpflege zu meinen Veranstalterkollegen soll unnötige Terminüberschneidungen in Baden-Württemberg vermeiden. Zudem besuche ich verschiedene Märkte zur Ausstellerakquise.

Sagen Sie auch Ausstellern ab?

Ja, das kommt vor. Verschiedene Dinge passen einfach nicht ins Gesamtbild.

Wie viel Zeit braucht die Vorbereitung?

Im September, Oktober verschicke ich die Ausschreibungen zum Markt. Eigentlich läuft es das ganze Jahr nebenher, dass permanent Anfragen von Ausstellern abgearbeitet werden müssen. Bis zum Februar ist das Gröbste dann geplant. Dann geht es an die Werbung. Nach dem Markt ist es Schwerpunkt, für Kunden des Marktes den Kontakt zu den gewünschten Ausstellern herzustellen, weil die Visitenkarte verloren ging oder sich auf dem Markt niemand gemerkt hat, wer der Aussteller war, aber noch was nachbestellt werden soll. Da werden dann unter anderem Fotos von verschiedensten Arbeiten zur Identifizierung an mich geschickt. Es ist eigentlich das ganze Jahr was zu tun.

Sie hängen die Plakate selbst auf?

Die Plakate hängen wir im ganzen Remstal von Fellbach bis nach Schwäbisch Gmünd, in Welzheim und in Göppingen auf. Mein Sohn Manuel Neuhäuser arbeitet bei der Organisation mit und unterstützt mich. Dazu kommen weitere Kanäle. Die Gemeinde Urbach, namentlich Achim Grockenberger ist hierbei zu nennen. Sowie der Bauhof Urbach und die Leute, die sich um den Strom und Bewirtung kümmern. Im Gesamten ist es eine angenehme, stressfreie Zusammenarbeit. Für dieses Team bin ich wirklich sehr dankbar.

Mit wie vielen Besuchern rechnen Sie?

Durch die Coronaauflagen damals haben wir die Besucher an den Wochenenden durch die Einlasstickets gezählt, es waren rund 15 000 zusammen an beiden Tagen. Sie kommen aus verschiedenen Gegenden Baden-Württembergs, sogar aus der Schweiz. Aber natürlich kommt der Schwerpunkt der Besucher aus dem Remstal und dem Stuttgarter Raum. Zudem gibt es einen Töpfermarkt-Tourismus, bei dem manche Kunden einem Lieblingsaussteller nachreisen.

Ist das Ausstellungsgelände anders?

Nein, in diesem Jahr ist alles wie gewohnt. Aber im kommenden Jahr werden wir Änderungen bekommen, da eine angrenzende Einrichtung vergrößert wird. Ein Teil des Ausstellungsgeländes wird durch das Bauvorhaben wegfallen. Man muss dann sehen, wie sich das auswirkt.

Wie ist der Shuttle-Service organisiert?

Am Sonntag gibt es einen kostenlosen Pendelverkehr von der Urbacher Ortsmitte zum Töpfermarkt. Das Angebot gibt es schon seit einigen Jahren, um den Parksuchverkehr zu verringern. Die Kosten übernimmt teils die Gemeinde und ich als Organisator.