Für Rosita Sperlich ist ihr Job der tollste der Welt – doch derzeit wissen sie und ihr Mann nicht, wie es mit ihrem Remstaler Figurentheater weitergehen wird.

Rems-Murr-Kreis - Sie haben ihren Opa verkaufen müssen, auch den Räuber, den Prinzen, den König, einen Ersatzkasper – insgesamt sieben Handpuppen. Der Abschied von ihnen ist Rosita Sperlich schwergefallen. „Die Puppen haben mein Mann und ich kurz nach unserer Heirat machen lassen“, sagt die Puppenspielerin. Rund 45 Jahre lang waren sie alle gemeinsam auf Tour im Großraum Stuttgart, als Ensemble des Remstaler Figurentheaters. Doch weil dieses wegen der Corona-Pandemie Anfang März seinen letzten Auftritt in diesem Jahr hatte, mussten Rosita Sperlich und ihr Mann Helmut ihre Crew verkleinern, um wenigstens etwas Geld in die leere Kasse zu bekommen.

 

„Ich habe versucht, eine staatliche Unterstützung zu beantragen, aber Ende Mai einen negativen Bescheid bekommen“, sagt Rosita Sperlich. Der Grund für die Ablehnung sei wohl gewesen, dass das Gewerbe auf den Namen ihres Mannes Helmut laufe, das Bankkonto aber auf ihren eigenen Namen. Auch aus den geplanten Auftritten beim Mitarbeiterfest der Firma Porsche sei in diesem Sommer nichts geworden. „Es tut allen leid, es ist aber halt so, da kann man nichts machen“, sagt Rosita Sperlich.

Ein Berufsleben mit Höhen und Tiefen

In ihrer Not haben die Sperlichs daher einige Puppen verkauft und die 68-Jährige hat begonnen, Vorträge zu halten, so lange das noch möglich war. Das Thema: ihr bewegtes Leben als Puppenspielerin, die ständig auf Tour ist. Viel zu erzählen hat Rosita Sperlich: „Ich stamme aus einer Puppenspielerfamilie, uns gibt es schon 300 und ein paar zerquetschte Jahre.“ Sie und ihr Mann sind die neunte Generation, die mit Kasperle und Co. unterwegs ist. Sohn Marcus und Schwiegertochter Lorena führen die Familientradition in zehnter Generation mit einem eigenen Theater fort.

„Ich habe den tollsten Job der Welt, auch wenn ich oft nicht weiß, wie es weitergeht“, sagt Rosita Sperlich. Dass das Dasein als Puppenspieler Höhen und Tiefen hat, weiß sie nur zu gut. Aber das Dauertief, welches das Coronavirus den Sperlichs beschert, ist heftig.

Manche Kirchengemeinden helfen

Normalerweise haben sie in der Vorweihnachtszeit gut zu tun: Sie treten mit ihren Hohensteiner Kasperpuppen auf diversen Weihnachtsmärkten im Remstal und der Region auf und spielen in Gemeindehäusern landauf, landab. Eigentlich hätten sie von Mitte November bis zum 10. Januar bei Pflanzen Kölle in Fellbach auftreten sollen. Wenn, ja, wenn der Teil-Lockdown nicht gekommen wäre. Die Sperlichs wollen nun einen zweiten Antrag auf staatliche Hilfe stellen – vielleicht klappt es ja dieses Mal.

Über Wasser halten können sich die Puppenspieler, weil sie von einigen Kirchengemeinden Spenden bekommen haben. Denn da sie häufig in Gemeindehäusern auftreten, die in kleineren Kommunen oft den meisten Platz für Veranstaltungen bieten, gibt es jahre- und jahrzehntelange Verbindungen. „Wir sind sehr froh über die Menschen, die uns mit Geldspenden helfen“, sagt Rosita Sperlich und fügt hinzu: „Uns geht es ja noch gut, denn wir sind gesund.“

Das Publikum, das gehört für sie irgendwie zur Familie. Umso schlimmer, dass die Sperlichs schon seit Monaten keine Zuschauer treffen dürfen. „Ich denke, dass uns ganz viele Kinder vermissen“, vermutet Rosita Sperlich, die nur zu gerne endlich mal wieder mit ihrer Lieblingsrolle, nämlich mit Seppel, auftreten würde. Wann das möglich sein wird, das weiß derzeit niemand.

Wie man das Figurentheater unterstützen kann

Wer helfen möchte, kann beispielsweise schon jetzt eine Theatervorstellung oder einen Vortrag von Rosita Sperlich in der Zukunft buchen, Telefon 01 63/974 03 04.