Sie ist 19 Jahre alt, attraktiv und verdammt schnell: Rennfahrerin Sophia Flörsch will beweisen, dass sie mindestens genauso schnell wie Männer sein kann – und tritt auch in den Social Media aufs Gas.

Sport: Jürgen Kemmner (jük)

Stuttgart - Mit 276,2 km/h durchbricht Sophia Flörsch den Fangzaun und fliegt in einigen Meter Höhe ins Stahlgerüst. Der Horrorunfall beim Formel-3-Rennen in Macau im November 2018 hat die Rennfahrerin aus München weltweit bekannt gemacht. Aber nicht berüchtigt: Sie zog sich den Bruch des siebten Halswirbels zu, vier weitere Personen wurden zumindest nicht schwer verletzt. Wie selbstverständlich setzte sich die damals 18-Jährige fünf Monate später in Le Castellet wieder ins Rennauto. Als wäre sie nur vom Bobbycar gefallen. „Es stand nie infrage, die Karriere zu beenden“, sagt Flörsch, „ich habe den Unfall verarbeitet.“

 

Ihre unspektakuläre Rückkehr nach dem spektakulären Abgang veranlasste die Laureus-Stiftung, die Deutsche für den Preis in der Kategorie „Comeback“ zu nominieren, mit Nathan Adrian (Schwimmer), Christian Lealiifano (Rugby), Kawhi Leonard (Basketball), FC Liverpool (Fußball) und Andy Murray (Tennis). Für Sophia Flörsch ist es eine Ehre, im Feld der Stars aufzutauchen und an der Verleihung am 17. Februar in Berlin teilzunehmen. Da könnte sie auf Lewis Hamilton treffen, den sechsmaligen Formel-1-Champion, der für die Sparte „Sportler des Jahres“ nominiert ist. „Ich habe ihn noch nie getroffen, das wäre was“, sagt die Bayerin, „für mich ist es schon ein Gewinn, nominiert zu sein.“

Ein Formel-3-Cockpit kostet eine Million Euro

Ein Hauptgewinn vielleicht. Denn damit geht eine riesige Chance einher. Die Augen in aller Welt sind auf die Verleihung des Sport-Oscars gerichtet. Wer zu dieser High Society zählt, wer über den roten Teppich spaziert, wird nicht nur gesehen, sondern wahrgenommen. Die extra Portion Aufmerksamkeit kann Sophia Flörsch so gut gebrauchen wie Skiflieger den Aufwind. Noch ist sie ohne Cockpit. Sie hoffte, als HWA-Juniorpilotin in der Formel 3 zu starten, doch der Rennstall aus Affalterbach bevorzugt drei andere Talente. Zwar sind 21 der 30 Startplätze im Feld noch frei, doch die Münchnerin möchte „für ein besseres Team“ fahren, wo sie ihre Stärken demonstrieren kann und nicht als Namenlose im Pulk mitschwimmt. Jedoch ist ein Formel-3-Cockpit unter einer Million Euro kaum zu haben. „Das können Eltern längst nicht mehr stemmen“, bedauert sie. Das können nur Unternehmen leisten.

Also benötigt Sophia Flörsch Scheinwerferlicht. Um begehrt für Sponsoren zu sein – sie weiß, dass hübsch sein im Motorsport zwar hilft, aber allein nicht ausreicht. Damit ihrer Mission nicht der Sprit ausgeht, in der sie beweisen will, dass Frauen mindestens so schnell sind wie Männer, sobald Chancengleichheit herrscht. „Wenn ein Kerl 20 Testtage hat und ich fünf, macht sich das bemerkbar“, sagt sie, „wer mehr Geld hat, kann mehr testen.“ Um weltweit 24 Stunden präsent zu sein, ist der Teenager in den wichtigsten Social-Media-Kanälen aktiv, insgesamt kommt Flörsch auf bald 500 000 Fans – auch solche Zahlen haben mögliche Partner im Blick. In ihren Posts geht es nicht nur um Motorsport, sie stellt auch Fotos von Mode und ihren Körper online. „Ich will auch meine weibliche Seite zeigen“, sagt sie. Eines ist sicher: Bei der Laureus-Zeremonie in Berlin wird Sophia Flörsch eine gute Figur abgeben – und womöglich beschleunigt dieser Auftritt auch ihre Rennfahrerkarriere.