Nach 32 Jahren erhöht die Stadt erstmals ihre Gewerbesteuer, doch es trifft auch Grundbesitzer. Mit den neuen Hebesätzen liegt die Verwaltung noch unter dem Durchschnitt in der Region, im Kreis Böblingen gehört sie nun zu den teureren Kommunen.

Renningen - Hauseigentümer in Renningen werden künftig stärker zur Kasse gebeten. Gleiches gilt für Unternehmen. Denn der Gemeinderat hat in seiner Sitzung am Montag mit großer Mehrheit eine Erhöhung der Grundsteuern A und B sowie der Gewerbesteuer beschlossen. Die Hebesätze steigen bei der Gewerbesteuer von 330 auf 360 Prozent, bei der Grundsteuer A (für land- und forstwirtschaftliche Betriebe) von 270 auf 300 Prozent und bei der Grundsteuer B (für Privatgrundstücke) von 300 auf 360 Prozent.

 

Bei der Grundsteuer sei es die erste Erhöhung nach 20 Jahren, erklärte der Bürgermeister Wolfgang Faißt. Bei der Gewerbesteuer seien sogar 32 Jahre vergangen. Der Erste Beigeordnete Peter Müller wies darauf hin, dass die Ausgaben der Stadt steigen werden – auch in Bereichen, „auf die wir keinen Einfluss haben“. Dazu gehörten vor allem die Personalkosten. „Werde die Anpassung nicht vorgenommen, werde der Haushalt mittelfristig, also bis 2020, vermutlich ein Defizit von einer dreiviertel Million Euro aufweisen. Steuern zu erhöhen, sei nie angenehm, gestand er zu. „Und es ist immer das letzte Mittel.“ Nun gehe es aber nicht mehr anders. In jedem Fall halte er es für besser, die Erhöhung antizyklisch vorzunehmen und nicht erst auf die nächste Finanzkrise zu warten.

Gegenstimmen von den Frauen für Renningen

Im März noch war der Antrag der Grünen, die Grund- und Gewerbesteuer zu erhöhen, mehrheitlich abgelehnt worden (wir berichteten). In Anbetracht der Entwicklungen aber gingen die meisten Ratsleute den nun auch von der Verwaltung vorgeschlagenen Weg mit. Zwei Gegenstimmen kamen von den Frauen für Renningen, die das Ungleichgewicht zwischen der Erhöhung des Satzes der Grundsteuer A um 30 Punkte und der Grundsteuer B um 60 Punkte ablehnten.

Alle anderen Fraktionen entschieden sich geschlossen für den Vorschlag der Verwaltung. „Das fällt uns nicht leicht“, gab Peter Weiß (CDU) an. „Aber andernfalls kommen wir in ein strukturelles Haushaltsdefizit.“ Am schwersten habe sich seine Fraktion mit der Erhöhung der Grundsteuer getan. „Damit verteuern wir indirekt den Wohnraum in Renningen“, warnte er. Denn Eigentümer legten die Mehrkosten auf die Mieter um. „Zugleich kommt die Erhöhung aber auch der Infrastruktur zugute.“ Ein weiterer Grund, warum die CDU zustimmen werde, sei der, dass man die neuen Sätze nun über Jahre hinaus wieder stabil halten könne.

40 Euro mehr für Eigentumswohnung

Marcus Schautt (Freie Wähler) argumentierte in eine andere Richtung. Die Steigerung der Grundsteuer sei auch eine Reaktion auf steigende Ansprüche. Maßnahmen rund um den Lärmschutz, von denen die Bürger profitierten, müssten auch irgendwie bezahlt werden. Mit dem Anpacken der Gewerbesteuer habe er mehr Schwierigkeiten. „Mit dem neuen Satz liegen wir noch weit unter dem, was andere zum Teil verlangen“, sagte er. Trotzdem sei das Problem mit der Gewerbesteuer im Allgemeinen, dass kleine Unternehmen vor Ort „sie brav bezahlen“, während „der größte Arbeitgeber im Norden der Stadt“ – einen Namen nannte er nicht, gemeint ist offensichtlich Bosch – bislang noch gar nichts bezahlt habe. „Und dessen Mitarbeiter nutzen auch unsere Straßen“, monierte er. „Das ist eine große Gerechtigkeitslücke, die wir nicht schließen können.“

Mit den neuen Sätzen liegt Renningen der Verwaltung zufolge noch klar unter dem Durchschnitt in der Region Stuttgart (Grundsteuer A: 349; Grundsteuer B: 405; Gewerbesteuer: 379), allerdings bis auf die Grundsteuer A über dem kreisweiten Durchschnitt (Grundsteuer B: 337; Gewerbesteuer: 352). Die Berechnungen gehen jedoch auf Daten aus dem Monat Mai zurück, Weil der Stadt zum Beispiel hat vor Kurzem bei der Gewerbesteuer aufgestockt.

Konkret bedeutet die Erhöhung der Grundsteuer B in Renningen für die Besitzer einer Eigentumswohnung Mehrkosten von 40 Euro im Jahr (240 statt 200 Euro), 52 Euro für Reihenhausbesitzer (312 statt 260 Euro), 62 Euro für ein Einfamilienhaus (372 statt 310 Euro) und 74 Euro für ein Zweifamilienhaus (444 statt 370 Euro).