Trotz der schlechten Ernte im vergangenen Jahr gibt es bei der 13. Kreismeisterschaft viel zu verkosten.

Renningen - Was dem Franzosen der Cidre, ist dem Schwaben bald sein Most. Zumindest, wenn es nach Manfred Nuber, dem Fachberater für Obst- und Gartenbau des Landratsamts Böblingen geht: „Der Most wird leider nicht so wertgeschätzt, wie etwa der Cidre in Frankreich“, erklärt er jüngst bei der Eröffnung der 13. Most-Kreismeisterschaften in der Renninger Rankbachhalle.

 

Dort haben drei Dutzend Mostkundige aus den Obst- und Gartenbauvereinen (OGVs) des Landkreises und zehn Jurymitglieder 24 Klarmoste und acht Mischmoste verkostet und bewertet. Beurteilt werden Farbe, Klarheit, Geruch, Geschmack und Harmonie: „Der Most sollte hellgelb sein, aber nicht blass, und klar. Eine leichte Trübung ist tolerierbar. Er sollte fruchtig riechen und schmecken, Geruch und Geschmack sollten sich harmonisch ergänzen“, erklärt Nuber. Wenn es nach ihm geht, soll sich der heimische Most mehr dem vorherrschenden Geschmack anpassen. Das heißt, er soll über mehr Restsüße verfügen und damit dem Klischee des „sauren Zeugs“ ein Ende setzen, damit sich das altschwäbische Nationalgetränk für ein breites Publikum zum attraktiven Durstlöscher mausern kann.

Das A und O ist das Obst

Doch damit aus den Streuobstäpfeln und -Birnen ein qualitativ hochwertiges Getränk wird, ist viel Arbeit nötig. „Das A und O ist das Obst“, sagt Hans-Martin Haag vom OGV Herrenberg, „es muss richtig reif sein, und es darf nichts Fauliges dabei sein. Deshalb wird es handverlesen.“ Most besteht zu 60 Prozent aus Äpfeln, der Rest aus Birnen, wenn es sich um Klarmost handelt. Beim Mischmost sieht es anders aus, hier kommen noch heimische Beeren ins Spiel. Auch die Beigabe von Quittensaft ergibt einen besonders feinen Geschmack.

Doch genügend Obst, geschweige denn das richtige, zu bekommen, war im vergangenen Jahr nicht so einfach. Wegen der durchwachsenen Ernte konnten die bewährten Mischungen von Apfel- und Birnensorten das Fass nicht immer wunschgemäß füllen. Der Moster hat nehmen müssen, was er ernten konnte, manchmal auch vom Nachbarn. Immerhin braucht es für 60 Liter Saft 100 Kilo Obst, im Schnitt produziert ein Moster im Kreis 200 bis 400 Liter im Jahr.

„Ich bin überrascht, dass trotz des Kälteeinbruchs im vergangenen Frühjahr und der schlechten Ernte so viele Moste eingereicht wurden“, sagt Sigrid Erhardt. Sie ist derzeit die kommissarische und demnächst ordentliche Präsidentin des Landesverbands für Obstbau, Garten und Landschaft Baden-Württemberg und Jurymitglied, ebenso wie Martin Wuttke, Erster Landesbeamter und stellvertretender Landrat.

Most ist Geschmackssache

Die siebenjährige Johanna aus Aidlingen ist mit ihrer Familie da. Probieren darf sie zwar noch nicht, aber riechen: „Manche“, meint sie nach kurzem Überlegen, „riechen wie Limonade und manche nach Haribo.“ Und bei manchen zieht sie einfach nur das Näschen kraus. „Flach“ übersetzt Papa Jörg Tomaschek das Naserümpfen. „Streng“, meint Opa Ewald Tomaschek. Er lagert seinen Most in Eichenfässern im Gewölbekeller. Heinz Rinderknecht aus Jettingen dagegen schwört auf Edelstahlfässer, die leicht zu reinigen sind und absolut luftdicht schließen. Eine Grundvoraussetzung, damit der Most nicht kippt.

Doch im Großen und Ganzen bleibt der Most Geschmackssache. Auch für Peter Schmidt, den OGV-Chef aus Renningen und diesjährigen Hausherrn der Most-Kreismeisterschaft. Dass man erfahrener Genießer sein muss, um die Qualität zu beurteilen, streitet er ab: „Die meisten Besucher gehen doch auch in den Louvre und haben Freude an den ausgestellten Kunstwerken, ohne Kunst studiert zu haben.“

Manfred Nuber ist stolz, dass die Böblinger Aktionen zur Unterstützung der Streuobstwiesen und dem Naturerhalt Schule machen und über die Kreisgrenzen hinaus Nachahmer finden, wie im Schwäbischen Streuobstparadies zwischen Alb und Neckar. Und auch den Most werden die Akteure noch salonfähig machen, ist Cidre doch auch nur Apfelsaft, bei dem der Gärungsprozess frühzeitig gestoppt wurde.