Der BMW-Pilot Marco Wittmann ist in der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft der Mann der Stunde. Zwei der ersten drei Vergleiche gewann er bereits und führt das Tableau mit komfortablen 50 Punkten vor dem Vorjahressieger Mike Rockenfeller an.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Stuttgart - Klasse in Masse – mit diesem Slogan ist die Deutsche Tourenwagenmeisterschaft (DTM) stolz in die Saison 2014 gestartet. Bruno Spengler, Martin Tomczyk, Mattias Ekström, Mike Rockenfeller, Timo Scheider, Gary Paffett und Paul di Resta heißen nämlich die glorreichen Sieben, die alle bereits die Rennserie gewonnen haben. Wenn schon kein herausragender Superstar dabei ist, generiert die DTM ihre Qualität wenigstens aus den eigenen Reihen. Das Überraschende an der Sache ist: die Supermänner rasen zurzeit geschlossen einem Außenseiter hinterher.

 

Der heißt Marco Wittmann, fährt wie Spengler und Tomczyk einen BMW und absolviert gerade seine zweite DTM-Saison. Nach Lage der Dinge ist es so, dass der 24 Jahre alte Fürther nach erst drei Rennen eine glänzende Ausgangsposition für den Gesamterfolg hat. Zwei der ersten drei Vergleiche gewann er bereits und führt das Tableau mit komfortablen 50 Punkten vor dem Audi-Piloten und Vorjahressieger Mike Rockenfeller an. Der weist mit 21 Zählern schon einen beachtlichen Rückstand auf .

Die PS-Szene fällt aus allen Wolken

Marco Wittmanns Auftaktsieg in Hockenheim war wie ein kleines DTM-Wunder. Doch seit er auch die vergangene Wettfahrt in Budapest gewann, fällt die PS-Szene aus allen Wolken und stellt fest: Der Mann macht ernst. Vor allem der souverän herausgefahrene Start-Zielsieg in Ungarn hat die letzten Zweifel beseitigt, dass der Hockenheim-Erfolg des Franken nichts weiter gewesen sein könnte als eine Überraschung. Vor allem Jens Marquardt warf eine gepflegte Salve des Lobes über Wittmann ab. „Marco ist in dieser Saison unglaublich stark – und es ist eine echte Freude, ihm vom Kommandostand zuzuschauen“, sagt der BMW-Sportchef und ist von seinem besten Pferd im Stall begeistert.

Wittmann dürfte bald der Mann sein, für den die anderen BMW-Piloten arbeiten müssen im Kampf gegen Audi. Die erschreckend schwach gestarteten Mercedes-Autos tasten sich derweil erst noch langsam an die Branchengrößen aus Bayern heran.

Wittmann gilt derweil als selbstbewusster, aber geerdeter junger Mann. Dass seine Erfolgsserie so weitergehen und er den Titel holen könnte – davon will er nichts wissen. „Der Weg zum Gewinn der Meisterschaft ist lang“, sagt er nur. Doch dass er so einen famosen Start hinlegte, darauf ist er nicht nur stolz, es hat ihn selbst am meisten überrascht. „Bisher läuft die Saison für mich sehr gut – und dass ich jetzt mit zwei Siegen zum Norisring komme, macht mich überglücklich“, sagt der BMW-Fahrer vor der vierten Wettfahrt in Nürnberg. Dort wird er einen winzigen Vorteil haben. Auf dem Norisring kennt sich der Karosseriebauer aus Fürth natürlich aus.

Ein Mann mit Stallgeruch

Eine der heikelsten Passagen am Norisring ist das Schöller-S, ein Abschnitt, der keine Fehler verzeiht. „Dort sind schon viele Spiegel zu Bruch gegangen. Wenn ich hier Ideallinie fahre, passt zwischen mein Auto und die Mauer gerade noch eine Zeitung“, sagt Wittmann, der aber auch vor der Dutzendteich-Kehre Respekt hat: „Hier wird es unruhig. Man man muss aufpassen, dass das Auto nicht springt.“

Marco Wittmann ist ein Eigengewächs. In der hauseigenen Nachwuchsserie Formel BMW ging er in die Lehre. Danach folgten drei Jahre in der Formel 3, in denen er unter anderem den aktuellen Formel-1-Piloten Valtteri Bottas hinter sich ließ. Die Chance auf ein DTM-Cockpit bot sich ihm erst, als die Münchner nach ihrer Comebacksaison 2012 acht statt sechs Autos ins Rennen schickten. 2013, in seinem ersten Jahr, bekam Wittmann es dann mit dem ehemaligen Formel-1-Piloten Timo Glock als Teamkollegen zu tun. Im dritten Saisonrennen in Spielberg machte er als Zweiter auf sich aufmerksam – und ließ am Ende als Achter den um einen Rang schlechter platzierten Partner Glock hinter sich.

Vor der Saison 2014 kam der BMW-interne Wechsel vom MTEK-Team zur RMG-Mannschaft. Seither läuft es für den leidenschaftlichen Skifahrer prächtig. Und auf dem Norisring erwartet Marco Wittmann noch mehr Rückenwind: „Meine Freunde und meine Familie kommen.“ Die großen Sieben sind also mal wieder gewarnt.