Abrissgebäude sind ein perfektes Übungsfeld: Im Göppinger Eichert nutzt die Rettungshundestaffel Mittlerer Neckar die Trümmer der früheren Klinikappartements zum Training.

Region: Andreas Pflüger (eas)

Göppingen - Banja „zeigt an“. Die sieben Jahre alte Labradorhündin ist im Haus Nummer neun fündig geworden, bellt laut und wartet darauf, dass ihr Frauchen zu ihr stößt. Yvonne Schönfelder eilt heran und kümmert sich in den Überresten des Badezimmers um die „Verschüttete“, ihre Kollegin Anja Stolz von der Rettungshundestaffel Mittlerer Neckar. Erst als die Hundeführerin eintrifft, bekommt Banja ihre Belohnung in Form eines feinen Leckerlis: Aufgabe erfüllt.

 

Die Trümmer der ehemaligen Mitarbeiterwohnungen der Göppinger Klinik am Eichert haben die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer der Gruppe am Sonntag dazu genutzt, den Ernstfall zu proben und mit ihren Tieren zu üben. Eine willkommene Ergänzung zum obligatorischen Training, das sonst zweimal in der Woche auf dem Vereinsgelände bei Schlierbach stattfindet. „Wir sind froh, dass uns die Alb-Fils-Kliniken diese Gelegenheit bieten. Wir konnten schon im Parkhaus trainieren, in der ehemaligen Kita und jetzt hier“, sagt Sabine Hofmann, die Pressereferentin der Rettungshundestaffel. Eine solche Abwechslung sei extrem wichtig. Zwar werde das eigene Trainingsterrain immer wieder mal umgestaltet. „Solche externen und sehr realen Erfahrungen sind für die Hunde und ihre Besitzer aber durch nichts zu ersetzen“, fügt sie hinzu.

Das „Spiel“ beginnt für die Rettungshunde in der Regel mit Ritualen

Zumal die perfekt eingespielten Mensch-Tier-Gespanne auf dem Areal, das in etlichen Jahren den Klinikneubau beherbergen soll, alles vorfänden, was sie „zum Spielen“ brauchten, wie Hofmann erklärt. Tatsächlich, die Hunde spielen und lernen dabei, ihr Verhalten zu schematisieren, was im ernsthaften Einsatz Leben retten kann. So geht es auf den riesigen Bauschutthalden darum, die Trittsicherheit, aber auch die Vorsicht zu schulen. „Das Geröll gibt nach, und überall ragen Metallteile und andere spitzige Gegenstände hervor. Sich hier zu bewegen, ist nicht ungefährlich und will gelernt sein“, betont Hofmann. Und in den Abrisshäusern gehe es eben um die Suche nach Vermissten oder Verschütteten.

Das „Spiel“ beginnt für die Rettungshunde in der Regel mit Ritualen. Wenn Yvonne Schönfelder ihrer Banja das Halsband mit einem LED-Lämpchen und einer Glocke anlegt, ihr im Fall der Fälle noch eine Kenndecke überzieht und sie zum Start zwischen die Beine nimmt, weiß die Labradordame, was die Stunde geschlagen hat und wedelt erfreut mit dem Schwanz.

Anerkennung ist für die ehrenamtlichen Helfer die einzige Entlohnung

Und sie wisse, wie Sabine Hofmann berichtet, zu unterscheiden. „Auch wenn da zehn Leute drumherum unterwegs sind, was in Notsituationen ja oft so ist, finden unsere Hunde trotzdem das vermeintliche Opfer, weil sie sich diese Erfahrung spielerisch angeeignet haben.“ Das alles funktioniere jedoch nur ohne Druck, ergänzt sie. Auf Rassen beschränkt sei man dabei nicht.“ Die Tiere müssten lauf- und spielfreudig sein und am besten von mittlerem Wuchs. „Wir haben unter unseren drei Dutzend Hunden aber auch einen kleinen, echt guten Terrier, der eben nicht weiß, wie klein er ist“, fährt Hofmann fort.

Ein Drittel des animalischen Teils der Rettungshundestaffel Mittlerer Neckar ist an diesem Sonntag also am Start und ein Viertel der knapp 50 menschlichen Mitglieder. Alle machen das, inklusive der regelmäßigen Schulungen, freiwillig, unentgeltlich – und obendrein mit Spaß. Nicht einmal für die Einsätze, zu denen sie angefordert werden, bekommen die Hundebesitzer eine Entlohnung. „Ein bisschen verrückt muss man also schon sein, das zu tun und darüber hinaus Spenden zu sammeln oder in die eigene Tasche zu greifen“, wird Sabine Hofmann kurz nachdenklich, ehe sie zu ihrer Lissy eilt, die gerade „anzeigt“.