Im Bundesstützpunkt für Rhythmische Sportgymnastik in Schmiden wird eine Nachfolgerin für Trainerin Natallia Raskina gesucht, deren befristeter Arbeitsvertrag am 31. Dezember endet.

Schmiden - Natallia Raskina ist keine Frau der lauten Worte. Die Trainerin aus Belarus strahlt Ruhe aus, egal, ob sie auf der Bank in der Übungshalle im Bundesstützpunkt für Rhythmische Sportgymnastik in Schmiden sitzt oder bei großen Turnieren am Teppich steht. „Ich schreie nie. Ich sage: Mach’ das bitte so! Wenn sie es nicht so macht, dann reicht es meistens, wenn sie mein Gesicht sieht“, hat Natallia Raskina einmal gesagt. Emotionaler wird sie, wenn es um ihre Zukunft geht. Am 31. Dezember endet der befristete Arbeitsvertrag der Trainerin, die im Februar 65 Jahre wird. Und obwohl der Stützpunkt nicht verlängern wird, will Natallia Raskina in Deutschland bleiben.

 

Mit der Suche nach der richtigen Trainerin wollen sich STB und Stützpunkt Zeit lassen

„Wir streben seit geraumer Zeit die Modernisierung des Stützpunkts an, und das hat auch Auswirkungen auf Personalentscheidungen“, sagt Michael Breuning, der Beauftragte für Spitzensport beim Schwäbischen Turnerbund (STB). Kandidatinnen für die Nachfolge stehen in den Startlöchern. „Wir haben die Stelle weltweit ausgeschrieben, und bereits am ersten Tag kamen fünf Bewerbungen“, sagt Michael Breuning. Mit der Suche nach der richtigen Trainerin wollen sich STB und Stützpunkt indes Zeit lassen. „Sie braucht die Kompetenz und Erfahrung, die Gymnastinnen auf internationalem Niveau zu trainieren“, sagt Isabell Sawade die Teamchefin für Rhythmische Sportgymnastik beim Deutschen Turner-Bund (DTB). Teamfähigkeit ist ebenfalls gefordert, außerdem Verständnis für das deutsche System. „Anders als etwa in Russland, wo die Gymnastik zu den Top-Sportarten zählt und acht Stunden Training am Tag normal sind, hat bei unseren Mädchen auch die Schule große Bedeutung“, sagt Isabell Sawade. Es soll keine Entscheidung unter Druck oder ein Schnellschuss werden, versichert die Teamchefin.

Bei ihrer Rückkehr im März vor fünf Jahren brachte Natallia Raskina Tochter Yuliya mit

Schließlich ist Natallia Raskina eine Institution. 2015 kam die damals 59-Jährige als Bundesstützpunkttrainerin und Nachfolgerin von Galina Krilenko nach Schmiden. Schon 2009 hatte Natallia Raskina – nach zwei Probearbeitsterminen im Jahr davor – die damalige Juniorinnen-Nationalgruppe mit Laura Jung, Alisa Bilali, Rosa-Maria Gerwik, Cathrin Puhl und Regina Sergeeva angeleitet. „Ich würde gerne wiederkommen. In Deutschland hat es mir schon immer gefallen: Hier ist Ordnung, alles ist geregelt – und was hier gesagt wird, wird auch gemacht“, hatte die Weißrussin damals schon gesagt.

Bei ihrer Rückkehr im März vor fünf Jahren brachte Natallia Raskina Tochter Yuliya mit. Die Ältere betreute die Einzelgymnastinnen – Jana Berezko-Marggrander und Laura Jung bei den Weltmeisterschaften in Stuttgart 2015 oder Lea Tkaltschewitsch und Noemi Peschel bei den Welttitelkämpfen in Pesaro 2017 und Sofia 2018. Yuliya Raskina, Silbermedaillengewinnerin bei den Olympischen Spielen 2000 in Sydney, arbeitete als Nachwuchstrainerin. Die Aufgabenverteilung hat sich schon länger geändert. Natallia Raskina kümmert sich seit zwei Jahren um den Gymnastiknachwuchs. Ihre Tochter trainiert Deutschlands beste Einzelgymnastinnen, Margarita Kolosov in der Meisterklasse und die Juniorinnen Daria Varfolomeev, Melanie Dargel und Malvina Chakyr. „Yuliya Raskina wird auch in Schmiden bleiben“, sagt Michael Breuning.

Natallia Raskina bereitet sich auf ein Leben ohne tägliches Training und die Deutschprüfung vor, die sie bestehen muss, um als Bürgerin eines nicht zur Europäischen Union gehörenden Staates einen Aufenthaltsstatus in Deutschland zu bekommen. Denn als Oma ist sie in Schmiden bei ihrem Enkelsohn auch nach dem 31. Dezember gefordert.