Der Ringer Frank Stäbler aus Musberg verstärkt den ASV Schorndorf, was nicht allen gefällt in der Stadt. Doch den Verdacht, er würde von einer Corona-Hilfe unterstützt, kann der Verein ausräumen. Ein Sponsor spendiert die Dienste des Weltmeisters

Sport: Dominik Ignée (doi)

Stuttgart - Die ersten drei Wettkämpfe hat der ASV Schorndorf souverän gewonnen, der vierte findet an diesem Samstag beim SC Kleinostheim statt – es läuft im Remstal. Bei dem Ringer-Bundesligisten träumen sie schon wieder ein wenig vom Jahr 1975, da wurde der Traditionsclub deutscher Meister. Mit im Boot ist seit dieser Saison auch der Welt- und Europameister Frank Stäbler aus Musberg. Wo sollte der Mann auch hin? „Wir sind aktuell der einzige Bundesliga-Verein aus Baden-Württemberg, deshalb liegt es nahe, dass der Frank bei uns und nicht in Nordrhein-Westfalen oder Bayern ringt“, sagt Sedat Sevsay, der im Clubvorstand sitzt und auch Trainer ist. Sevsay ist so etwas wie das Rückgrat des Clubs und auch die gute Seele.

 

Dass Stäbler beim ASV unterkam, auch um sich für seinen großen Olympiatraum fit zu halten, sorgte in Schorndorf allerdings für ungute Stimmung. Der Club hat sich von der Kommune eine Corona-Hilfe in Höhe von 20 000 Euro auszahlen lassen. Nun vermuten womöglich auch etwas von Neid geprägte Zeitgenossen in der Stadt, dass mit diesem Geld der als großes Zugpferd gehandelte Ringer Stäbler finanziert wird. Dies, meinen die Kritiker, könne doch nicht der Sinn der Sache sein, wo doch auch andere Vereine finanzielle Schwierigkeiten haben – ganz zu schweigen von den großen Problemen im Kulturbetrieb.

Die Hosen runtergelassen

Sedat Sevsay ärgert sich darüber gewaltig. Zumal das Geld ja nicht auf Stäblers Konto fließt. Ihn bezahlt ein Gönner über einen ganz gewöhnlichen Sponsorenvertrag - und zwar der dem Verein sehr verbundene Hans-Jörg Stängle. Er ist der Geschäftsführer des Versicherungsunternehmens Remstal Assekuranz. Den ASV zu unterstützen, bezeichnet er als Herzenssache. Und Sevsay erklärt den Deal zwischen der Versicherung und Stäbler mit einem kreativ entwickelten Vergleich: „Wenn ein Vater zehn Kinder hat und jedem ein Brötchen kaufen muss, und dann kommt ein Sponsor und sagt, dass er ein Kind sponsert, dann muss der Papa halt nur noch neun Kindern ein Brötchen kaufen – und so ist es auch mit Frank.“

Der Club spart dadurch Geld. Im Hinblick auf die Corona-Hilfe verweist der Vereinsvorstand darauf, dass sich andere Vereine ja auch darum kümmern können – jeder habe die Möglichkeit. Der ASV selbst hat bereits im Mai seine Anfrage gestartet. „Wir haben die Hosen wirklich runtergelassen und Einblick in unsere Bücher gewährt“, sagt Sevsay. Wegen der Pandemie und der dadurch verursachten fehlenden Einnahmen wusste er nicht, ob man in diesem Jahr überhaupt eine Mannschaft zusammenbringen kann. Den Ausschlag für den Zuschuss der Stadt hat wohl auch die Rolle des Ringerclubs gegeben. „Wir sind ein bekannter und sozial sehr engagierter Verein in der Region, haben auch die meisten Schulkooperationen und geben Ringer-Unterricht im SOS-Kinderdorf, in Kindergärten, in Schulen“, sagt Sedat Sevsay. Der ASV sei „ein Teil der Kultur der Stadt Schorndorf“.

Als dürfe es dem Verein aber nicht zu wohl werden, tut sich noch ein anderes Problem auf. Der Deutsche Ringer-Bund (DRB) möchte den Sieg gegen den Meisterschaftsrivalen Nürnberg aberkennen, der Verein wehrt sich dagegen. In der Ringer-Bundesliga existiert ein Punktesystem, das jeden Athleten wertet. Die Gesamtzahl aller Einzelbewertungen darf 28 nicht überschreiten. Ein Sportler des ASV wurde vom DRB nach dem Nürnberg-Kampf mit drei Punkten gewertet, auf dem Lizenzpapier von Freistilringer Ertugrul Agca steht aber nur die Zwei – damit wären die 28 Punkte erfüllt. „Das ist ein dicker Hund. Wir haben Beschwerde eingelegt und sind bereit, vors Sportgericht zu gehen“, sagt Sedat Sevsay. „Sportlich kann man uns kaum schlagen – und jetzt passieren da solche Dinge.“

Der Aufstellungspoker

Immerhin: Die Saison wird Stand jetzt nicht abgebrochen, es gibt also auch noch gute Nachrichten für den ASV. „Wir wollen weiter ringen, zieht uns bitte nicht den Stecker“ – dieser Appell der Südost-Teams der Bundesliga wurde erhört. Nur der Verein aus Markneukirchen behält sich einen Rückzug vor, alle anderen Clubs wollen tapfer dabeibleiben. Wie lange der Ligabetrieb mit Blick auf die steigenden Infektionszahlen möglich sein wird, steht ohnehin in den Sternen.

Also freuen sich die ASV-Ringer erst einmal auf den Auswärtskampf in Aschaffenburg beim SC Kleinostheim. Mit oder ohne Stäbler, der wegen seiner Schulterprobleme gegen schwächere Gegner oft geschont wird? Kleinostheim ist eher stark einzustufen, doch Sedat Sevsay lässt sich nicht in die Karten blicken. „Die beiden 75-Kilogramm-Kämpfe am Ende werden vermutlich die entscheidenden sein“ – nur das sagt er. Wenn Stäbler in Aschaffenburg aus dem Bus steigt, dann weiß das der Gegner früh genug.