Eine Woche nach der Ankündigung von Nils Schmid, den Landesvorsitz abzugeben, muss die SPD an diesem Samstag die Nachfolge regeln. Nur die frühere Sozialministerin Katrin Altpeter hat offen die Bereitschaft zur Kandidatur erklärt. Bessere Aussichten hätte Leni Breymaier, die sich aber noch bedeckt hält.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Wenigstens das ist klar: SPD-Landeschef Nils Schmid hat seine Partei am vorigen Samstag mit der für alle überraschenden Ankündigung seines Rückzugs in Konfusion gestürzt. Eine turbulente Woche später tritt der Landesvorstand an diesem Samstag im Cannstatter Kursaal erneut zusammen, und es wird vom Verlauf der Sitzung abhängen, wer künftig das Vertrauen erhält, der am Boden liegenden SPD neues Leben einzuhauchen. Eine Genossin hat ihre Karten aufgedeckt: „Ich stehe bereit“, bekräftigte die frühere Sozialministerin Katrin Altpeter am Freitag – eine Formulierung, die sie noch nicht auf die Kandidatur festlegt. Dennoch kam ihre Ansage für viele Sozialdemokraten unerwartet, und manche können darin nicht viel Sinn erkennen.

 

Eine neue Lage ist dies auch für Parteivize Leni Breymaier, die seit vorigem Samstag als Favoritin gilt – sofern sie es wagen will. Sie überlege noch, sagte die Gewerkschafterin am Freitag lediglich. „Die Entscheidung, ob ich kandidiere oder nicht, werde ich aber schnell treffen.“ Offenbar will sie die Dynamik der Sitzung abwarten. Dass Altpeter dagegen hält, wenn Breymaier antritt, erscheint unwahrscheinlich. Eine Kampfabstimmung streben wohl beide nicht an; sie kennen sich seit Langem und harmonieren bisher gut miteinander.

Kaum Chancen für weitere Kandidaten

Wenn Breymaier den Job will, habe sie ihn sicher, heißt es in der SPD. Selbst als Parteilinke sei sie in der Mitgliedschaft mehrheitsfähig – zumal in Verbindung mit dem neuen Fraktionschef Andreas Stoch. Anderen werden keine großen Chancen eingeräumt. Dennoch könnte sich mancher Genosse noch Hoffnung machen. Insbesondere die Schmid-Stellvertreter Lars Castellucci und Peter Friedrich halten sich ihre Kandidaturen bis zuletzt offen.

Altpeter hatte bei den Landesvorstandswahlen im Oktober das beste Beisitzerergebnis bekommen – der Lohn für eine engagierte Sozialpolitik. Dennoch verwundert das Vorpreschen der 52-Jährigen, weil die politischen Profile ähnlich sind. Die Waiblingerin wäre keine inhaltliche Alternative zu Breymaier. Im Januar werde sie in ihren Beruf als Lehrerin für Pflegeberufe zurückgehen, sagte sie der „Waiblinger Kreiszeitung“. Ein Bundestagsmandat strebt sie nicht an. So mag Altpeter auf der Suche nach einer neuen politischen Aufgabe sein. Da fragt man sich in der SPD, ob dies der Landesvorsitz sein muss.

Sie wisse, was sie wolle und könne Fakten schaffen, heißt es bei Weggefährten. Dennoch wird spekuliert, die frühere Ministerin könnte von Genossen nach vorne geschoben worden sein, um Breymaier als Befürworterin der „linken Volkspartei SPD“ zu verhindern. Es wäre der Versuch, beide gegeneinander auszuspielen. Dieses Vorgehen der Netzwerker, die im Hintergrund ihre Fäden ziehen und sich die Posten zuschieben, wäre ganz so neu nicht. Motto: Wenn zwei Sozialpolitikerinnen sich streiten, hat ein Dritter größere Erfolgschancen. Auch um den Zeitpunkt von Schmids Vorstoß ranken sich Verdachtsmomente: Hat er die Notbremse gezogen, um Breymaier in Zugzwang zu bringen? Hat er darauf gehofft, erneut gerufen zu werden? Oder hat er erkannt, dass er die Partei nicht mehr lange im Unklaren lassen kann, wie es weitergehen soll? Schmid äußert sich dazu nicht. Gerade er neigt zu einsamen Beschlüssen: Auch sein Vorschlag, noch im Herbst Neuwahlen des Landesvorstands vorzunehmen, kam für dieses Gremium unerwartet. Als Vorsitzender auf Abruf will er den Erneuerungsprozess bis Oktober moderieren. Trotzdem muss die Nachfolgerin das Heft des Handelns bald in die Hand nehmen, um keine Zeit zu verlieren. „Da muss der Neue gleich dabei sein“, sagt ein gestandener Sozialdemokrat.

Verdi bereitet sich auf einen Führungswechsel vor

Leni Breymaier hat die geringe Frist offenbar genutzt, um den Verdi-Leuten vor Augen zu führen, dass sie Anfang November vielleicht einen neuen Landeschef wählen müssen. Nach der Sitzung des 40-köpfigen Landesbezirksvorstands am Mittwoch wurde eine Information an Dutzende Führungskräfte versandt, wonach es Pläne gibt, wie es im Falle einer Kandidatur Breymaiers bei Verdi weitergeht. Nicht jeder ist begeistert, dass sie sich noch intensiver in der SPD einbringen will. Ohnehin wäre der Wechsel ein schwerer Schritt, der mit einer Absicherung der 56-Jährigen etwa durch einen Spitzenlistenplatz bei der Bundestagswahl erleichtert werden dürfte. In der Partei müsste Breymaier auf eine tief greifende strukturelle und inhaltliche Neuausrichtung dringen – ein Anecken an vielen Stellen inklusive. Zuneigung hat die SPD für ihr Führungspersonal selten übrig.