Schiedsrichter Nicola Rizzoli war beim deutschen WM-Triumph in Rio im Einsatz – und kann sich vor allem gut an Christoph Kramer erinnern. Jetzt pfeift der Italiener das Halbfinale der Deutschen gegen Frankreich.

Paris - Der Einzige, der keine (guten) Erinnerungen an Nicola Rizzoli hat, ist Christoph Kramer. „Schiri, ist das hier das Finale?“, hatte der Mittelfeldspieler, der nach einem Zusammenprall schwer angenockt war, den verblüfften Referee im WM-Endspiel 2014 gefragt. Es war das Finale, die deutschen Fußballer gewannen 1:0 nach Verlängerung gegen Argentinien - und Rizzoli hatte mit einer DFB-freundlichen Spielleitung auch seinen Anteil daran.

 

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Also eigentlich ein gutes Omen für das EM-Halbfinale der Deutschen am Donnerstag in Marseille gegen Gastgeber Frankreich (21 Uhr/ZDF), bei dem der Italiener wieder im Einsatz ist. Auch weil Kramer, der sich hinterher kaum noch an seinen kurzen Final-Einsatz erinnern konnte, bei der Euro nicht dabei ist. Doch obwohl Rizzoli fraglos zu den besten Schiedsrichtern der Welt gehört, ist seine Ansetzung durch die Europäische Fußball-Union (Uefa) eine Überraschung.

Rizzoli hat Frankreich bereits Glück gebracht

Schließlich hat die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) Rizzolis Landsleute im Viertelfinale (6:5 im Elfmeterschießen) aus dem Turnier geworfen. Kritiker könnten einen Interessenkonflikt vermuten. Zwar bestehen für Uefa-Schiedsrichterboss Pierluigi Collina „keine Zweifel an der Integrität unserer Schiedsrichter“. Doch auch Collina ist nun einmal Italiener. Zudem hat Rizzoli bei der laufenden Endrunde bereits den Franzosen Glück gebracht.

Der 44 Jahre alte Architekt aus Mirandola in der Region Emilia-Romagna leitete das Achtelfinale der Gastgeber gegen Irland (2:1). Und dass Rizzoli am Donnerstag bereits seine vierte Partie bei der Euro pfeift, hat auch einen Beigeschmack: Es sieht schon ein wenig danach aus, als bevorzuge Collina seinen Landsmann. Immerhin ist Rizzoli, der seit 2007 auf der Liste des Weltverbands Fifa steht, durch seine Nominierung für das Halbfinale so gut wie sicher raus aus der Verlosung für das Endspiel. Das hätte wohl auch zu sehr nach Vetternwirtschaft ausgesehen, da der Unparteiische damit einen ganz besonderen „Grand Slam“ geschafft hätte.

Er dachte, Kramer mache Witze

Schließlich leitete Rizzoli neben dem WM-Finale vor zwei Jahren auch schon ein Endspiel der Europa League (2010 in Hamburg) und ein Finale der Champions League - das „German Endspiel“ 2013 im Londoner Wembley-Stadion zwischen Bayern München und Borussia Dortmund (2:1).

Den tiefsten deutschen Eindruck bei Rizzoli hat aber fraglos Kramer hinterlassen. An den Blackout des Gladbachers nach seinem Zusammenprall mit Ezequiel Garay erinnert sich der Referee auch heute noch ganz genau. „Ich dachte, seine Frage sei ein Witz und sagte zu ihm, er solle sie wiederholen“, erzählt Rizzoli immer noch gern: „Da sagte er, dass er wissen müsse, ob das wirklich das Finale ist. Als ich es ihm bestätigte hatte, antwortete er: ’Danke, es war wichtig, das zu wissen.’“