Nadia Bescherer-Zeidan, die Rektorin der Robert-Koch-Realschule in Stuttgart-Vaihingen, hat im Bezirksbeirat über das mangelhafte Brandwarnsystem an ihrer Schule berichtet. Bei diesem kommt eine Trillerpfeife zum Einsatz...

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Vaihingen - Alle hoffen, dass es nie passiert. Aber sollte es an der Robert-Koch-Realschule mal brennen, dann braucht es eine oder besser mehrere Trillerpfeifen, um alle Schüler, Lehrer und Mitarbeiter zu warnen und die Gebäude zu evakuieren. Über diese Situation berichtete die Rektorin Nadia Bescherer-Zeidan am Dienstagabend im Vaihinger Bezirksbeirat.

 

Es ging um das Alarmierungssystem an ihrer Schule an der Vischerstraße. Wie an allen Einrichtungen gibt es auch dort jedes Jahr eine Brandschutzübung. „Das funktioniert. Aber es funktioniert nur, weil wir vorbereitet sind“, sagte Bescherer-Zeidan. Zwar sei an ihrer Schule ein Alarmierungssystem vorhanden. Doch wenn sie den Knopf drücke, sei das Signal eigentlich nur in der Aula des Hauptgebäudes wirklich gut zu hören. In den Klassenzimmern sei der Alarm vielleicht noch vernehmbar, wenn die Schüler gerade wirklich leise seien. Die Pavillons, die Räume in der ehemaligen Hauswirtschaftlichen Schule und die Mensa seien gar nicht an das Alarmierungssystem angeschlossen. „Wenn ich den Knopf drücke, erreiche ich also nur etwa ein Drittel der Schüler“, fasste die Rektorin zusammen. Das bedeutet, dass im Brandfall ein Lehrer vom Hauptgebäude rüber in die Nebengebäude rennen muss um mit einer Trillerpfeife die Schüler und Lehrer zu alarmieren.

Alarmierung erreicht nur ein Drittel der Schüler

Beim Thema Rauchmelder sieht es nicht besser aus. Denn die gibt es nur in der Aula im Hauptgebäude. Nicht einmal in der Mensa, wo sie besonders wichtig wären, wurden sie eingebaut. „Wir haben weniger, als in jedem Privathaushalt Pflicht ist“, sagte die Rektorin. Seit drei Jahren melde sie nach jeder der obligatorischen Brandschutzübung diese Situation dem Schulverwaltungsamt zurück. „Und jedes Mal bekomme ich das Totschlagargument zu hören, dass sowieso bald eine neue Schule gebaut werde.“ Bescherer-Zeidan glaubt aber nicht, dass dies der Fall ist, so lange sie noch im Amt ist. Die Rektorin hat vor Kurzem den Elterbeirat informiert. „Ich als Schulleitung muss Rechenschaft ablegen. Und ich sage: Wir tun, was wir können, aber mehr können wir nicht.“ Sie lehne es ab, unter diesen Umständen im Falle eines Brandes für mehr als 700 Menschen verantwortlich zu sein. „Ich kann für diese nicht garantieren“, stellte sie klar.

Auch Rosemarie Brundelius vom Elternbeirat war in der Sitzung des Bezirksbeirats. „Wir waren entsetzt, als wir von diesen Umständen gehört haben“, sagte sie bei den „Fünf Minuten für die Bürger“. Es gehe um die Sicherheit. Die Situation sei beschämend, sagte Brundelius und bekam dafür Applaus von weiteren Eltern von Robert-Koch-Realschülern, die zur Unterstützung gekommen waren.

Für die Bezirksbeiräte ist die Situation ein „Unding“

Die Vaihinger Bezirksbeiräte sahen es genauso. Eltern der Robert-Koch-Realschule hatten die CDU-Fraktion bereits im November informiert. Diese hatte daraufhin einen Antrag für die Sitzung vorbereitet. „Wenn man 2017 in einer Stuttgarter Schule eine Trillerpfeife als Brandschutzeinrichtung benutzen soll, dann läuft etwas massiv schief“, so Ulrich Bayer.

Die CDU fordert, dass das Schulverwaltungsamt und die Brandschutzdirektion das Alarmierungssystem an der Robert-Koch-Realschule analysieren und eklatante sicherheitsrelevante Defizite beheben. Das Ziel sei ein akzeptables System, bei dem sich Lehrer, Eltern und Schüler sicher fühlen. Schließlich möchte die CDU einen Bericht darüber, ob es an anderen Schulen im Stadtbezirk ähnliche Zustände gibt. Das Gremium nahm den Antrag einstimmig an. Bayer fragte in der Sitzung noch einmal explizit nach, ob den Verantwortlichen die Situation bekannt sei. Die Rektorin bejahte. Eyüp Ölcer (Freie Wähler) sprach schlicht von einem „Unding“. Volker Weil (FDP) hakte nach, ob und inwieweit die Schule auf einen Amokalarm vorbereitet sei. „Es gibt nichts“, antwortete Bescherer-Zeidan.

SPD-Gemeinderatsfraktion legt mit einem Antrag nach

Die SPD-Gemeinderatsfraktion hat bereits reagiert. Der Betreuungsstadtrat Hans Pfeifer war gestern in der Sitzung des Bezirksbeirats und schreibt nun in dem von ihm sowie seinen Fraktionskollegen Martin Körner und Suse Kletzin unterzeichneten Antrag von einem „dramatischen“ Bericht der Schulleiterin. „639 Schüler und 45 Lehrer sind regelmäßig gefährdet und bei einem Probealarm wird mit der Trillerpfeife wie in den 50er alarmiert. Diese Situation ist so nicht länger akzeptabel“, heißt es in dem Antrag. Die SPD-Stadträte fordern, dass die Verwaltung „sehr kurzfristig“ ihre Einschätzung der Alarmierungssituation darlegt, das geplante Maßnahmenbündel vorstellt und einen Zeit- und Umsetzungsplan vorlegt.

Die Verwaltung verweist auf Nachfrage darauf, dass im Zuge der Nachrüstung mit Amoktastern an allen Schulen auch die Pausensignalisierung und Brandalarmierung mit einheitlichen Tastern ausgerüstet worden sei. „Dies ist auch an der Robert-Koch-Realschule der derzeitige Ausstattungsstand. Damit verfügt die Schule über eine ausreichende Grundausstattung“, so die schriftliche Antwort der Pressestelle.

Nach der Amokübung im September 2016 habe das Schulverwaltungsamt die Netze BW mit einer Bestandsaufnahme der vorhandenen Alarmierungs- und Signaleinrichtungen und mit deren Instandsetzung und Ergänzung beauftragt. „Die Netze BW war in den Gebäuden der Robert-Koch-Realschule tätig und hat fünf defekte Pausenglocken ausgetauscht sowie zwei Klöppel und Klangschalen geprüft und eingestellt“, heißt es in der Stellungnahme. Die Verwaltung verbessere stetig, entsprechend den Beschlüssen die Situation an den Schulen und ihre sicherheitstechnische Ausstattung. Die zeitliche Umsetzung sei von vielen Faktoren abhängig, so zum Beispiel von den Kapazitäten der Fachfirmen. „An der Robert-Koch-Realschule kann nur durch die Installation einer Sprachalarmierungsanlage (SAA) eine deutliche Verbesserung der jetzigen Situation erreicht werden.“ Doch aufgrund fehlender Personalkapazitäten müsse das Sanierungs- und Investitionsprogramm zeitlich deutlich gestreckt werden. Damit verzögere sich auch der Ausbau der SAA.