Rohstrugel in Rutesheim Vom Arme-Leute-Essen zum beliebten Nationalgericht

In der Mensa des Schulzentrums gibt es Historisches auf den Tisch: Mehr als 300 Portionen Rohstrugel.
Rutesheim - Was bitte ist Rohstrugel? Wer diese Frage in Rutesheim stellt, der beleidigt die örtliche Volksseele, denn das ist nicht nur das Nationalgericht der Rutesheimer, sondern auch ihr Spitzname. Passend zur 1250-Jahr-Feier des Ortes hat man sich auch beim Mittagessen für die Schüler auf die Tradition besonnen.
„Mitglieder des Kochteams hatten die Idee, mal Rohstrugel zu machen“, sagt Elke Wagner, die Mensaleiterin. Das Team besteht aus über hundert Frauen und einigen Männern, die in Gruppen ehrenamtlich an vier Tagen in der Woche jeweils bis zu 350 Mittagessen für hungrige Schüler und Lehrer auf den Tisch bringen.
Die Landfrauen sind die Expertinnen
„Wir hatten ursprünglich ein Rezept für vier Personen“, erzählt Elke Wagner, „mussten aber nun für 300 Personen kochen.“ Und weil die Landfrauen besonders gut wissen, wie der Rohstrugel geht, wurden sie eingeladen, in der Mensa zusammen mit den Kochmüttern am Herd zu stehen. „Wir haben das Gericht schon probeweise zubereitet, damit wir wissen, wie wir es für so viele Menschen umsetzen können“, so Elke Wagner.
Was verbirgt sich nun hinter dem Rohstrugel? Die lokale Spezialität, die heiß aus dem Backofen am besten schmeckt, lässt sich auch mit Rahmstrudel übersetzen. Man nehme einen Nudelteig, früher – und manchmal noch heute – selbst gemacht und walze ihn aus, schneide säuerliche Äpfel wie Boskop oder Brettacher in kleine Stücke – an diesem Tag waren es vierzig Kilo – und gebe sie über den Teig, rolle diesen zu einer Schnecke zusammen und lege ihn in eine feuerfeste Form.
„Nein, besser den Teig nur lose einschlagen, das ist der Trick dabei“, korrigiert Christa Scheeff, die Vorsitzende der örtlichen Landfrauen, die bei der Rohstrugel-Zubereitung das Heft in der Hand hält. Dann nämlich kann die Mischung aus süßem und saurem Rahm und Eiern besser zwischen Äpfel und Teig gelangen. Bevor das Ganze in den Ofen kommt, wird es mit einigen Butterflocken getoppt. „Zwanzig Minuten bei 170 Grad“ lautet die Vorgabe. Vor dem Servieren kommt nach Belieben Vanillesoße oder Zucker und Zimt darüber.
Hmm, lecker! Oder? Was sagen die Schüler, die kurz nach zwölf in die Mensa kommen? Zuerst wird der Rohstrugel mal mit dem Smartphone fotografiert und das Bild per Whatsapp an die Freunde verschickt. „Das schaff ich nicht alles“, meint Hagen. „Das ist doch recht süß“, fügt der 13-Jährige hinzu.
„Sehr lecker“, finden hingegen zwei 13- und 14-jährige Mädchen den Rohstrugel. „Wir essen garantiert alles auf.“ Sie haben – wie viele andere Schüler auch – schon vorher von dem besonderen Rutesheimer Gericht gehört. Auf einer Tafel am Mensa-Eingang hat Elke Wagner einiges dazu zusammengetragen. Und an einem Preisrätsel zum Thema Stadtjubiläum und Rohstrugel nahmen 140 Jugendliche teil.
Schließlich erscheinen noch zwei Testesser, bei denen sicher auch nicht allzu oft Rohstrugel auf dem Tisch steht: Bürgermeister Dieter Hofmann und der Erste Beigeordnete Martin Killinger. Der Landfrauen-Rohstrugel schmecke ihm fast besser als der, den es jedes Jahr im Herbst beim Rohstrugel-Turnier der Fußballer gebe. Die Landfrauen haben offensichtlich weniger Salz in den Teig hineingetan. Und schon entsteht unter den Köchinnen ein reger Austausch darüber, wer welche Zutaten in welcher Menge verwendet.
Reger Austausch über das Rezept
„Rohstrugel war früher fast so etwas wie ein Arme-Leute-Essen“, erklärte Christa Scheeff. Mehl, Milch, Eier und Äpfel habe man fast immer zu Hause gehabt. Und nicht nur früher gab es dieses Gericht oft, noch heute ist es die Leibspeise von so manchem Rutesheimer und kann gar nicht oft genug auf den Tisch gebracht werden, wie die Landfrauen erzählten.
Unsere Empfehlung für Sie

Böblinger Repair-Café geht online: Das Repair-Café hilft sich selbst
Wenn am Rollator ein Rädchen fehlte, schraubten die Fachleute vom Repair-Café vor Ort. Jetzt reparieren sie Online.

Durch Corona: Fälle häuslicher Gewalt deutlich angestiegen In Todesangst gelingt kein Hilferuf mehr
Die schweren Fälle von häuslicher Gewalt sind in den Kreisen Böblingen und Ludwigsburg um fast 25 Prozent angestiegen. In der Beratungsstelle Amila in Böblingen sahen die Sozialarbeiterinnen anhand der Anrufe, wie restriktiv der Lockdown war.

Wartezeiten beim Grundbuchamt In Böblingen dauern die Verfahren Monate
Wer im Böblinger Grundbuchamt etwas zu erledigen hat, muss sich auf lange Wartezeiten einstellen. Forderungen nach einem neuem Zuschnitt lehnt das Justizministerium ab. Statt Land unter sieht es Land in Sicht. Zu Recht?

Schlag gegen organisierte Drogenkriminalität Stuttgarter Kripo nimmt vier mutmaßliche Dealer fest
Mehr als 100 Polizeibeamte haben am Mittwoch mehrere Objekte in Stuttgart sowie den Kreisen Böblingen und Ludwigsburg durchsucht und vier Männer festgenommen, die einen schwunghaften Handel mit Drogen betrieben haben sollen.

Mobbingvorwürfe an Stuttgarter Gymnasium Amtsversagen oder Gesetzeslücke?
Dass eine Schülerin eine Schule derart aufmischt und den Betrieb stört, sollte eine Schulbehörde nicht zulassen, findet Inge Jacobs. Und fragt sich, weshalb das so ist.

Mobbing-Vorwürfe an Stuttgarter Gymnasium Schülerin provoziert mit Fernsehauftritt
Mit Verwunderung nimmt man in und außerhalb der Schulgemeinschaft des Stuttgarter Schickhardt-Gymnasiums zur Kenntnis, dass eine Zwölftklässlerin nun auch in Fernsehbeiträgen über ihre Schule und den Rektor herzieht. Und es passiert: nichts.