Kultur: Jan Ulrich Welke (juw)

Zur Zugabe folgen schließlich, nicht dass noch etwas aus dem Kanon vergessen wird, „Gimme Shelter“ und „Jumpin‘ Jack Flash“, dann leibhaftig in den Himmel geschossen ein kleines Feuerwerk – und eben der Schriftzug „Bis bald“. Bis bald? Auf der Bühne geben sich die Stones wie schon vor zehn oder zwanzig Jahren, nicht nur optisch zeigen sich die vier Musiker, die mittlerweile alle über Siebzig sind, nahezu unverändert. Ron Wood agiert gewohnt lebhaft an der Gitarre. Keith Richards als sein Gegenpart wirkt extrem in sich ruhend, fast schon kontemplativ. Charlie Watts gibt sich in artig geknöpftem weißem Hemd wie üblich verhalten, bei der Bandvorstellung tritt der Schlagzeuger fast schon schüchtern an den Bühnenrand. Mick Jagger tänzelt beweglich wie eh und je über die fußballfeldbreite Bühne, mit nach wie vor laszivem Hüftschwung und mit mehr Umkleidepausen, als sich Pink oder Lady Gaga für gewöhnlich gönnen. Gut aufgelegt ist er obendrein, munter brabbelt er auf Deutsch dahin, gipfelnd in der launigen Ansage, dass die Stones Hamburg als Startort dieser Tournee auswählten, weil ihnen ein paar Freunde aus Liverpool geraten hätten, dass man hier seine Karriere besonders gut in Gang bringen könne. So viel zur vermeintlichen Rivalität mit den Beatles, so viel auch zur Altersweisheit einer Band, die längst gelassen zurückschauen kann.

 

Vierzehn Konzerte in neun europäischen Ländern haben sich die Stones auferlegt, zwei davon – am Dienstag in München, am 9. Oktober in Düsseldorf – noch in Deutschland. Das wirkt wohldosiert. Dennoch wird das Quartett allein am Ende dieser Tour vor über einer halben Million Menschen gespielt haben, die – wenn’s überall so überzeugend wie in Hamburg läuft – allesamt gewiss gerne schon am Tag darauf anfangen, auf Eintrittskarten für die kommende Tournee zu sparen. Ob’s dazu kommt, liegt in der Hand einer Band, die allerdings auf keinen Fall den Eindruck erweckt, dass auf dieser Tournee der letzte Vorhang fällt.