Ein Kunde kommt am Vormittag ins Jobcenter von Rottweil – und sticht unvermittelt mit einem Messer auf eine Mitarbeiterin ein. Die Frau wird schwer verletzt, der Mann festgenommen. Vielen, die das Gebäude verließen, stand Bestürzung ins Gesicht geschrieben.

Rottweil - Ein Hubschrauber landet, Rettungsfahrzeuge und ein Großaufgebot der Polizei sind vor Ort. Eine schwer verletzte Frau wird vorsichtig aus dem Gebäude getragen. Diese Szenen spielen sich am Donnerstag vor dem Jobcenter in Rottweil ab. Ein 58-jähriger Mann hat eine 50 Jahre alte Mitarbeitern des Jobcenters in ihrem Büro mit einem Messer angegriffen. Die Polizei betont später angesichts zahlreicher Kommentare im Netz, dass es sich bei dem Täter um einen „Deutschen ohne Migrationshintergrund“ handle.

 

Gebäude wurde abgeriegelt

Sein Motiv kennt man nicht. Er sei als Kunde im Jobcenter bekannt gewesen, sagte ein Polizeisprecher. Der Mann habe das Jobcenter kurz vor 11 Uhr betreten und sei in das Büro der Mitarbeiterin im siebten Stock gegangen. Er habe einen Termin bei ihr gehabt. Ob es zu einem Gespräch oder Streit kam, ist offen.

Gegen 11 Uhr ging bei der Polizei der Notruf ein. Der Täter, der aus dem Kreis Rottweil kommt, wurde noch im Gebäude festgenommen. Auch die Tatwaffe wurde sichergestellt. Das Stockwerk, in dem die Tat geschah, wurde teilweise evakuiert, das ganze Gebäude für Besucher gesperrt. Sowohl Betreuer der Polizei als auch die Notfallseelsorge des Roten Kreuzes waren vor Ort. Vielen, die das Gebäude verließen, stand Bestürzung ins Gesicht geschrieben.

Schon wieder Angriff in öffentlichem Gebäude

Allein im Kreis Rottweil hat es im vergangenen Jahr drei ähnlich gelagerte Taten gegeben. Im März hat ein 26-Jähriger den Kämmerer der Stadt Schramberg im Rathaus mit einem Butterflymesser niedergestochen. Das Opfer überlebte nur knapp. Erst vor wenigen Wochen fand der Prozess dazu statt, in dem der Angeklagte zu seinem Motiv sagte, er habe einen „Hass auf das Jobcenter“ gehabt, sich unverstanden gefühlt. Er wurde wegen einer schweren psychischen Krankheit in die Psychiatrie eingewiesen. Der Kämmerer arbeitet wieder, sagte im Prozess aber, er sei „vorsichtiger geworden“. Man wisse nie, wer zur Tür hereinkomme.

Im Oktober rastete im Rottweiler Rathaus ein 18-Jähriger aus, schnappte sich eine Schere und bedrohte einen Mitarbeiter der Ausländerbehörde. Er war, wie sich später herausstellte, mit einer Entscheidung nicht einverstanden. Die Polizei wurde gerufen, Rathausmitarbeiter eilten zur Hilfe. Es gelang ihnen, den 18-Jährigen zu beruhigen, bis die Polizei eintraf.

Angriffe in Behörden nehmen zu

Frust, Hass, Wut und das Gefühl, ungerecht behandelt zu werden, nicht selten verbunden mit einem psychischen Ausnahmezustand – immer häufiger entlädt sich die Frustration in Angriffen auf Mitarbeiter von Ämtern und Behörden, was die Frage nach der Sicherheit in öffentlichen Gebäuden aufwirft. Rathäuser, Landratsämter oder eben Jobcenter kann man meist ungehindert betreten. Im Jobcenter von Bayreuth hat ein 38-Jähriger im vergangenen Jahr drei Mitarbeiter mit einem Messer verletzt. Der Prozess wegen versuchten Mordes endet – wie im Schramberger Fall – mit einem Freispruch. Der Täter leidet an paranoider Schizophrenie und wurde als nicht schuldfähig angesehen. Er wurde dauerhaft in der Psychiatrie untergebracht. In welcher Situation und in welchem Zustand sich der Täter befand, als er am Donnerstag in Rottweil das Jobcenter betrat, ist nicht bekannt. Sein Opfer schwebt laut der Polizei nicht in Lebensgefahr.