Die acht Kilometer lange Strecke für Radfahrer ist nun für den Verkehr freigegeben worden. Pendler sollen dadurch ermutigt werden, vom Auto auf das Rad umzusteigen. Doch der Abschnitt ist nur ein erster Schritt.

Stuttgart/Böblingen - Zahlreiche Radfahrer haben das schöne Wetter und den frisch asphaltierten Weg durch den Wald genutzt, um am Freitag zur offiziellen Eröffnungsfeier des ersten Radschnellwegs in Baden-Württemberg zu gelangen. Unter ihnen waren auch der Verkehrsminister Winfried Hermann, Böblingens Oberbürgermeister Stefan Belz (beide Grüne), der Landrat Roland Bernhard (parteilos), und Sindelfingens Oberbürgermeister Bernd Vöhringer (CDU), die sich auf die Räder geschwungen hatten, um die Route zwischen Böblingen und Stuttgart-Rohr zu testen. Für die Politiker ein erfreulicher Termin: „Das ist eine gute Gelegenheit, dienstlich mit dem Rad den Wald zu genießen“, sagte Vöhringer.

 

Geeignete Strecke schon vorhanden

Erfreulich war der Termin jedoch nicht nur wegen des Treffpunkts inmitten der Natur, sondern auch, weil sich Land, Landkreis und die Städte Böblingen und Sindelfingen „als Pioniere fühlen dürfen“, wie es Stefan Belz ausdrückte. „Wir sind stolz darauf, dass wir die ersten in Baden-Württemberg sind, die einen Radschnellweg eröffnen dürfen“, betonte auch Landrat Bernhard. „Wir haben mit diesem Projekt einfach mal los gelegt – nun ist es an Stuttgart, nachzuziehen“, ergänzte Winfried Hermann. Es gehe bei den Radschnellwegen nicht um eine Panoramastrecke, sondern darum, dass Pendler schnell ihr Ziel erreichten.  

Mit der unter Denkmalschutz stehenden Panzerstraße bestand bereits eine geeignete, aber holprige Strecke. Die Gelegenheit musste also nur beim Schopf gepackt werden: Neben der Römerstraße, wie die gepflasterte Verbindung zwischen den Kasernen in Böblingen und Stuttgart-Vaihingen eigentlich heißt, wurde auch das Musberger Sträßle in Richtung Sindelfingen mit einem ordentlichen Belag versehen. Außerdem ist die Strecke durch den Wald mittels eines Bewegungssensors beleuchtet. Das Land unterstützte das Projekt mit mehr als 1,8 Millionen Euro.

Kritik am Radschnellweg

Widerstände gab es dennoch. Denn einige Bürger hatten für den Denkmalschutz der Pflasterstraße geworben und gegen das Bauprojekt protestiert. Um dem Denkmalschutz gerecht zu werden, wurde deshalb ein etwa 80 Meter langer Abschnitt mit dem alten Pflasterbelag erhalten.

Auch am Tag der Übergabe mischten sich Kritiker unter die hauptsächlich begeisterten Gäste. Martin Kahnt fährt seit über 30 Jahren mit seinem Rad die Strecke und findet den neuen Schnellweg schlicht überflüssig: „Die Pflastersteine haben mir nichts ausgemacht und der Weg war vorher breiter. Ich sehe keinen Vorteil“, kritisierte er. Dagegen zeigte sich Hubert Dohm, der täglich mit dem Fahrrad von Böblingen nach Stuttgart-Zuffenhausen zur Arbeit fährt, angetan: „Es ist angenehmer auf dem Asphalt und geht schneller“, sagte der Böblinger. Er genieße die Strecke auf dem Fahrrad: „Ich komme schon gut gelaunt bei der Arbeit an.“

Radschnellweg ist nur erster Schritt

Die Politiker hoffen, dass sie durch den Radschnellweg noch mehr Menschen dafür begeistern können, vom Auto auf das Fahrrad umzusteigen. 2000 Radfahrer pro Tag gibt Landrat Bernhard als Ziel an: „Wir haben Stau, Feinstaub und Lärm den Kampf angesagt.“ Wichtig sei ihm aber, dass die Eröffnung des Radschnellwegs nur ein erster Schritt sei. Und so hatte der Landrat noch eine konkrete Bitte an den Verkehrsminister: Die bisherige Querung von Böblingen über die Panzerstraße sei nicht sicher, einen Entwurf für eine rund zwei Millionen Euro teure Radfahrbrücke gebe es schon. „Ohne Versprechungen machen zu können ist es klar, dass auch wir an einer leistungsfähigen Anbindung interessiert sind“, erwiderte Hermann.

Die Weiterführung des Radschnellweges steht nun an: In Machbarkeitsstudien werden die verschiedenen Möglichkeiten im Landkreis Böblingen und in Stuttgart erörtert. Im Zuge eines Radverkehrskonzepts hat sich der Gemeinderat in Sindelfingen bereits zu zehn neuen Radrouten verpflichtet.