Der letzte Schrei in Sachen Wearables: ein Schuh mit einem umlaufenden Display. Anlass genug für den StZ-Kolumnisten Peter Glaser, sich zu überlegen, wohin die Modetrends noch führen können.

Stuttgart - Die Mode, obwohl sie eigentlich Daueravantgarde sein möchte, ist technologisch etwas zurückgeblieben. Das mag damit zu tun haben, dass sich sozusagen Feuer und Wasser begegnen, wenn elektrisch leitfähige Textilien in die Waschmaschine sollen. Auch Display-Technologie direkt am Körper ist knifflig.

 

1997 organisierte Alexander Pentland an der US-Eliteuniversität MIT die erste „Wearable Computing“-Modenschau. Junge Designer versuchten, mit radikalem Chic die Unförmigkeit der Gerätschaft zu überspielen. Als sich der Physiker Neil Gershenfeld damals vorstellte, dass anstelle des Aufdrucks auf einem T-Shirt bewegte Bilder darauf zu sehen sein könnten, schien das eine fantastische Vision. Drei Jahre später präsentierte der MIT-Absolvent Stephen Fitch bereits eine digitale Lederjacke, in deren Rücken ein 6-Zoll-Flachbildschirm untergebracht war.

Die Display-Technik hat inzwischen im wahrsten Sinn des Wortes Fortschritte gemacht. Mit dem „Volvorii Timeless“-Stöckelschuh, ersonnen vom litauischen Start-up-Unternehmen iShuu, gibt es nun Hightech-High-Heels – eine Art feminine Konkurrenz zu den innovativen Schuhsohlen aus Agentenfilmen, in denen bisher immer Funktelefone oder Miniatur-Geheimwaffen untergebracht waren. Ein streifenförmiges Fenster aus E-Paper, das an den Seiten entlang und über die Kappe des Schuhs führt, soll sozusagen Einblick in die Zukunft der Fußbekleidung geben. Da man Akkus und Steuerelektronik unterbringen musste, ist die Sohle ein wenig dick geraten (Plateauschuhe sind derzeit nicht modern). Farbe gibt es noch nicht, der digitale Schuh befindet sich noch im Zeitalter des Schwarz-Weiß-Fernsehers, aber immerhin mit Fernbedienung. Über eine Smartphone-App kann man das Schuh-Display vollflächig auf Schwarz oder Weiß umschalten oder sich ein Muster anzeigen lassen.

Das Kleid sagt, wann es getragen werden will

Eine Crowdfunding-Kampagne zur Finanzierung einer Kleinserie des Schuhs kam etwas schleppend in Gang. Statt der angezielten 50 000 Dollar wurden es nur etwa 40 000, die aber trotzdem in die Schuhproduktion fließen sollen. Am Ende soll der Volvorii Timeless 499 Dollar kosten.

Auch wenn das Ganze derzeit noch ähnlich frühzeitlich anmutet wie mit dem 3-D-Drucker gedruckte Abendkleider, die an Kettenhemden aus Plastik erinnern, regt es doch die Fantasie an. Intelligente Bekleidung könnte Wege aus dem klassischen Modedilemma weisen („Was soll ich anziehen?“). Ansätze dazu gibt es bereits. Kleider mit integrierten Funkchips können sich merken, was man wann und zu welcher Gelegenheit getragen hat. Eine App kann dann Empfehlungen für Unentschlossene geben. Die Informatikerinnen Sea Ling und Maria Indrawan von der Monash University im australischen Melbourne haben eine solche Software geschrieben. Nach einer Lernphase erteilt sie individuelle Bekleidungsratschläge, passend zur Tages- und Jahreszeit.

Das Problem der launischen Moden wird sich wohl erst in dem Augenblick erübrigen, in dem wir uns mit Lichtgeschwindigkeit umziehen können. Das werden in absehbarer Zukunft möglicherweise strukturell und farblich umschaltbare Gewebe ermöglichen, mit denen sich auf Knopfdruck beliebige Stofftexturen und Tönungen erzeugen lassen. Reizvoll daran ist auch die Vorstellung, Kleidung und Schuhe könnten kameragespeist jeweils das auf der Körperoberfläche zeigen, was sich genau hinter dem Träger oder der Trägerin befindet – man würde quasi unsichtbar, wie ein Chamäleon. Wenn die Hightech-Schuhe in Zukunft mal eleganter aussehen sollten, wäre das aber auch wieder schade.