Das turbulente Jahr hat den Aktienmärkten viel Bewegung gebracht, am Ende aber auch neue Rekorde.

Frankfurt - Das Jahr 2020 war ein Börsenjahr, das vermutlich noch in Jahrzehnten die Wirtschaftsprofessoren bei ihren Vorlesungen zum Aktienmarkt als Beispiel nehmen werden. Zwar ist die Verlaufskurve des deutschen Leitindex Dax nicht gerade spektakulär, und auch das Plus von rund vier Prozent, aufs Jahr gerechnet, klingt nicht gerade nach einem außergewöhnlichen Börsenjahr. Und doch haben die vergangenen Monate einige Besonderheiten vorzuweisen, die es möglicherweise so schnell nicht wieder geben wird. Am Auffälligsten ist dabei wohl, dass die Akteure des Aktienmarktes nicht im Lockdown waren, sondern sogar recht aktiv handelten.

 

Zwar machte sich die Corona-Pandemie auch in den Handelssälen der Banken, Versicherungen und sonstigen Investoren deutlich bemerkbar, sie bestimmte auch die Diskussion und das Handeln, aber abgesehen von einem drastischen Absturz im Mai befand sich das Börsengeschehen nicht in einer Krise. Und selbst dieser Absturz, rund 40 Prozent in wenigen Tagen, war schnell vergessen. Zehn Wochen später war der Verlust schon wieder so gut wie aufgeholt, zum Jahresende gab es gar neue Rekorde, sowohl an der New Yorker Wall Street als auch beim deutschen Dax.

Ein Auf und Ab

Dabei – und das werden die Professoren als Beispiel erwähnen – haben weder die volkswirtschaftlichen Daten noch die Zahlen aus den Unternehmen die Zuversicht der steigenden Kurse in jedem Fall gerechtfertigt. Fast das ganze Jahr über schwankten die Investoren zwischen Hoffen und Bangen, zwischen Pessimismus und Optimismus, deutlicher als je zuvor.

Das erzeugte neue „kleine“ Rekorde: das Minus von 25 Prozent im ersten Quartal etwa war so ein Rekord, auch der März mit einem Verlust von mehr als 16 Prozent. Um 15 Prozent hatten die Kurse im November seit 1962 nicht mehr zugelegt. Auch andere Monate stachen mit ungewöhnlichen Zuwächsen hervor. Und noch nie zuvor hatten sich die Aktienmärkte so schnell von einem Crash erholt, nicht nach der Finanzkrise 2008 und nicht nach dem Platzen der Internetblase Anfang des Jahrhunderts.

Eine Erklärung

Die Erklärung für diesen vermeintlichen Widerspruch, zwischen Gesundheits- und Wirtschaftskrise und der guten Börsenstimmung ist recht einfach. Zum einen wurden die wirtschaftlichen Folgen der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie mit unglaublich viel Staatsgeld abgefedert, so viel, dass man sich die Summen kaum vorstellen kann.

Erleichtert wurde dies durch die Notenbanken, die den Regierungen nicht etwa Zügel anlegten, sondern sie gewähren ließen, auch wenn dadurch die Schuldenlast in vielen Ländern wieder deutlich angestiegen ist. Und noch einmal waren es die Notenbanken, die mit ihrer Politik der niedrigen Zinsen und des üppigen Geldflusses dafür sorgten, dass Aktien eine fast unschlagbar attraktive Anlageform waren.

Wenig Änderung in Sicht

Daran wird sich nach Einschätzung der Experten auch im kommenden Jahr wenig ändern. Niedrigzinsen und lockere Geldpolitik werden auf beiden Seiten des Atlantiks auch im nächsten Jahr Bestand haben. Otmar Lang, der Chefvolkswirt der Targobank, ist sogar überzeugt: 2021 wird ein Aktienjahr. Die Notenbank, weitere Hilfen der Regierungen und das hoffentlich absehbare Ende der Pandemie könnten die Zuversicht, die sich heute schon in den Kursen widerspiegelt, stützen. „Wir sehen aktuell mehr Chancen als Risiken“, sagt etwa Ulrich Stephan, der Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank.

Allerdings sind die Experten recht uneins darin, wie weit die Fahrt nach oben noch gehen kann. Für manche Analysten und Volkswirte wird der Dax in zwölf Monaten gerade einmal bei rund 14 000 Punkten stehen. Die Experten von MM Warburg dagegen halten gut 1000 Punkte mehr für möglich. Dabei gehen sie davon aus, dass die Dax-Unternehmen ihre Gewinne im kommenden Jahr und 2022 um 30 beziehungsweise 15 Prozent steigern können. „Mit diesen Zuwächsen erreichen die Dax-Unternehmen schon Ende nächsten Jahres wieder ihre Rekordwerte aus dem Jahr 2018.“ Besonders gut sind nach Einschätzung vieler Experten die Aussichten für jene Firmen, die besonders unter der Pandemie gelitten haben.