Das Bundeskabinett hat den Rechtsanspruch zur Rückkehr von der Teilzeit- in die Vollzeitarbeit beschlossen. Damit folgt die Regierung den gesellschaftlichen Bedürfnissen. Doch es besteht Nachbesserungsbedarf, meint Matthias Schiermeyer.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Bundesarbeitsminister Hubertus Heil musste in die Offensive gehen, um im neuen Amt ernst genommen zu werden und um seiner SPD etwas Aufwind zu verschaffen. Groß war auch der Druck der Gewerkschaften. Und Heil hat geliefert: Der Gesetzentwurf für einen Anspruch auf die Rückkehr von der Teilzeit- in die Vollzeitarbeit ist sein erstes wichtiges Projekt. Viel Aufwand musste er nicht betreiben, denn wesentliche Vorarbeit wurde noch unter der Vorgängerin geleistet. Aber wie schon Andrea Nahles wäre auch Heil an der Blockade der Union gescheitert, wenn er nicht zentrale Einwände der Wirtschaft im Entwurf aufgenommen hätte – dies beispielsweise mit der Folge, dass ein erheblicher Teil der Teilzeitbeschäftigten von vorneherein ausgeklammert wird.

 

Gesellschaftlicher Druck wächst

Die Reform ist eine Antwort auf drastische Veränderungen der Arbeitswelt: Binnen 20 Jahren hat sich die Zahl der Teilzeitbeschäftigten auf gut 15 Millionen nahezu verdoppelt, die Zahl der Vollzeitbeschäftigten ist derweil um zwei auf 24 Millionen gesunken. Mehr als 1,4 Millionen Menschen, vor allem Frauen, sitzen den Statistikern zufolge jedoch unfreiwillig in der Teilzeitfalle fest. Hinzu kommt der wachsende Wunsch vieler nach mehr Souveränität im Umgang mit ihrer Arbeitszeit. Auf diese gesellschaftlichen Bedürfnisse zu reagieren ist notwendig. Das wissen auch die Arbeitgeber, weshalb sie in der Metall- und Elektroindustrie dem Anspruch auf eine befristete Teilzeit mit Rückkehrrecht in die Vollzeit schon zugestimmt haben.

Widersprüche zum Metalltarifabschluss

Sorgen macht die Umsetzung. Die Unternehmen sehen sich generell immer neuen Ansprüchen bei der Arbeitszeit ausgesetzt. Zwar erscheinen die neuen Regelungen größeren Betrieben noch zumutbar – kleinere und mittlere jedoch werden Organisationsprobleme haben, auf all die Flexibilitätswünsche ihrer Mitarbeiter einzugehen. Anders als im Metalltarifabschluss gibt es keine Begrenzung durch eine Quote und keine Kompensation für die Arbeitgeber in Form einer Ausweitung des Arbeitszeitvolumens. Vielmehr geraten die Betriebe dieser Branche mangels ausreichender Öffnungsklausel für Branchenlösungen in eine Rechtsunsicherheit, was konkret gelten soll: das Gesetz oder der Tarifabschluss. Da muss offenbar nachgearbeitet werden.